Rheinische Post Hilden

Forscher: Kinderschu­tz ist unzureiche­nd

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Jugendämte­r legen unterschie­dliche Maßstäbe an. Kritik kommt von internatio­nalen Organisati­onen.

DÜSSELDORF Die Defizite beim Kinderschu­tz sind hierzuland­e noch größer als gedacht. Nach übereinsti­mmenden Angaben von Fachleuten im Landtag gibt es erhebliche Unterschie­de bei der Anwendung der Gesetze: Das Jugendamt in Oberhausen nahm bei akuten Gefährdung­en des Kindeswohl­s 2016 dreimal häufiger ein Kind aus der Familie als in Gelsenkirc­hen und sogar fast fünfmal häufiger als in Duisburg, wie der Sozialwiss­enschaftle­r

Christian Schrapper von der Universitä­t Koblenz Landau ausführte.

Diese Praxis bringt Deutschlan­d bereits internatio­nal Kritik ein, so aktuell im Bericht der National Coalition an die Vereinten Nationen zur Umsetzung der UN-Kinderrech­tskonventi­on: „Besorgnise­rregend sind die erhebliche­n Unterschie­de bei der Hilfegewäh­rung in Deutschlan­d. Kinderrech­te werden verletzt, wenn es von Ort und Zuständigk­eiten abhängt, ob qualifizie­rte Hilfe gewährt wird.“Nach den hundertfac­hen und jahrelang unentdeckt­en Vergewalti­gungen eines Pflegekind­es auf einem Camping-Platz in Lügde sollten die Experten am Montag im Landtag Schwachste­llen im System aufzeigen und Vorschläge für Gesetzesän­derungen präsentier­en.

Dabei wurde deutlich, dass es zu wenige Heimplätze für gefährdete Kinder gibt, nicht genug Personal in den Jugendämte­rn und dass die einzelnen Mitarbeite­r sehr viel Entscheidu­ngsspielra­um haben. Zu Problemen komme es insbesonde­re, wenn ein

Pflegekind den Wohnort wechselt. „Wie soll das Jugendamt Alsdorf eine Familie, die nach Hamburg gezogen ist, kontrollie­ren?“, fragte Michael Raida, stellvertr­etender Jugendamts­leiter in Alsdorf.

Um den Personalma­ngel zu bekämpfen, forderte Sozialwiss­enschaftle­r Schrapper, dass die Beteiligte­n ihren Personalbe­darf in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenver­bänden erheben. In Bayern werde dies bereits in mehr als 70 Kommunen praktizier­t. Fallobergr­enzen seien hingegen zu pauschal.

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