Kliniken schließen Desinfektionsmittel weg
Die Angst vor Corona lässt manche Menschen sogar Straftaten begehen. Die Krankenhäuser in der Region treffen Vorkehrungen.
DUISBURG/DÜSSELDORF Weil sich das Coronavirus ausbreitet, wird in Krankenhäusern Material wie Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel gestohlen. „Die Kliniken sind angehalten, ihre Bestände wegzuschließen“, sagte der Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW, Lothar Kratz. „Uns sind Fälle bekannt, in denen Desinfektionsmittel aus Spendern mitgenommen wurde.“Der Ärztliche Direktor einer Duisburger Klinik sagt: „Bei uns wird alles geklaut, von dem die Leute glauben, es könne gegen Covid-19 helfen.“Aus dem Warenlager der Uniklinik Münster wurde eine ganze Palette Desinfektionsmittel gestohlen.
Auch die Malteser Kliniken in Duisburg sperren ihre Atemmasken und Desinfektionsmittel derzeit weg. In Toiletten und Zimmern sowie auf den Gängen hingen aber weiterhin Spender, sagt ein Sprecher: „Gerade jetzt ist es ja wichtig, saubere Hände zu haben.“Im Neusser Lukaskrankenhaus hat es dem Vernehmen nach vereinzelt Diebstähle von Desinfektionsmittel aus der Eingangshalle gegeben. Engpässe beim Material seien in den kommenden Wochen durchaus möglich, sagt Lothar Kratz. Eine Abfrage bei den Kliniken in der vergangenen Woche habe ergeben, dass die Vorräte unterschiedlich groß seien.
Im Marien-Hospital in Wesel, das zum Klinikverbund Pro Homine gehört, hat man nach Angaben eines Sprechers nachgeordert: „Das Material reicht aktuell aus.“Auch das Lukaskrankenhaus, ein Standort des Rheinland-Klinikums, sieht keine Schwierigkeiten. „Wir haben seit etwa vier Wochen die Vorräte über den Routinebedarf hinaus erhöht“, sagt Sprecherin Ulla Dahmen. „Wir sind maximal vorbereitet“, sagt auch Klinikdirektor Andreas Kremer.
Engpässe könnte es indes beim Klinikpersonal geben. Vor Kurzem mussten das Erkelenzer Hermann-Josef-Krankenhaus, die Maria-Hilf-Kliniken in Mönchengladbach und die Kölner Uniklinik Dutzende Mitarbeiter in häusliche Quarantäne schicken. In Erkelenz ist einem Sprecher zufolge deshalb die Intensivkapazität eingeschränkt. Landesweit könnten zudem nicht-notwendige Operationen verschoben werden. „Verschiebungen von elektiven Operationen sind in Epidemie-Fällen und generell bei dringenderen Notfällen normal“, sagt ein Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Kritik kommt vom Berufsverband für Pflegeberufe. „Die Personaldecke beim Pflegepersonal wird in den Krankenhäusern seit vielen Jahren bei Weitem zu niedrig gehalten, da gibt es keine Reserven, wenn der Ernstfall eintritt“, sagt eine Sprecherin.
Vielerorts gibt es angesichts der Ausbreitung des Virus besondere Schutzmaßnahmen. So wurden in Gangelt im Kreis Heinsberg, wo es besonders viele Infektionen gibt, in Düsseldorf und im Krankenhaus in Kleve eigene Ambulanzen eingerichtet, in denen sich möglicherweise Infizierte testen lassen können. Alle Mitarbeiter dort tragen Schutzkleidung. „Mit dieser Vorsichtsmaßnahme möchten wir eine effektive Diagnostik ermöglichen und die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Patienten schützen“, sagt ein Sprecher der Klinik in Kleve.
An der Uniklinik Münster ist es seit Freitag sogar möglich, sich testen zu lassen, ohne das eigene Auto zu verlassen. An der Hauptzufahrt der Klinik können sich Betroffene aus dem Auto heraus melden. Sie werden dann an die Ambulanz weiterverwiesen, die sich in drei Containern neben der Notaufnahme befindet. Mitarbeiter in Schutzkleidung kommen zum Auto und führen zunächst ein Gespräch. „Ist ein Test nötig, wird ein Abstrich gemacht“, sagt Sprecherin Anja Wengenroth, „der Betroffene bleibt dabei im Auto sitzen.“Danach werde er, bis das Testergebnis vorliegt, in häusliche Quarantäne geschickt – und nur in die Klinik aufgenommen, wenn der Test positiv ausfällt.
Aushelfen könnten im Ernstfall nach Angaben der Krankenhausgesellschaft NRW etwa Medizinstudenten im letzten Ausbildungsjahr oder bereits pensionierte Klinikmitarbeiter. Es werde derzeit erörtert, so Lothar Kratz, wie diese „bei einer krisenhaften Zuspitzung in die Versorgung eingebunden werden können“. Zudem halten sich auch medizinische Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes bereit. „Wir können zum Beispiel Personal für Krankenhäuser und Notaufnahmen stellen, wenn diese personelle Engpässe bekommen“, sagt Sprecher Andreas Brockmann. Die Entscheidung müssten die Kliniken und die zuständigen Gesundheitsämter treffen. Bislang wurde dies aber nicht angefragt, so Brockmann. Mitarbeiter des DRK unterstützten aber im Kreis Heinsberg bereits die Einrichtung und den Betrieb der zentralen Coronavirus-Ambulanz.