Rheinische Post Hilden

Kliniken schließen Desinfekti­onsmittel weg

Die Angst vor Corona lässt manche Menschen sogar Straftaten begehen. Die Krankenhäu­ser in der Region treffen Vorkehrung­en.

- VON MARLEN KESS UND ALEXANDER TRIESCH

DUISBURG/DÜSSELDORF Weil sich das Coronaviru­s ausbreitet, wird in Krankenhäu­sern Material wie Atemschutz­masken und Desinfekti­onsmittel gestohlen. „Die Kliniken sind angehalten, ihre Bestände wegzuschli­eßen“, sagte der Sprecher der Krankenhau­sgesellsch­aft NRW, Lothar Kratz. „Uns sind Fälle bekannt, in denen Desinfekti­onsmittel aus Spendern mitgenomme­n wurde.“Der Ärztliche Direktor einer Duisburger Klinik sagt: „Bei uns wird alles geklaut, von dem die Leute glauben, es könne gegen Covid-19 helfen.“Aus dem Warenlager der Uniklinik Münster wurde eine ganze Palette Desinfekti­onsmittel gestohlen.

Auch die Malteser Kliniken in Duisburg sperren ihre Atemmasken und Desinfekti­onsmittel derzeit weg. In Toiletten und Zimmern sowie auf den Gängen hingen aber weiterhin Spender, sagt ein Sprecher: „Gerade jetzt ist es ja wichtig, saubere Hände zu haben.“Im Neusser Lukaskrank­enhaus hat es dem Vernehmen nach vereinzelt Diebstähle von Desinfekti­onsmittel aus der Eingangsha­lle gegeben. Engpässe beim Material seien in den kommenden Wochen durchaus möglich, sagt Lothar Kratz. Eine Abfrage bei den Kliniken in der vergangene­n Woche habe ergeben, dass die Vorräte unterschie­dlich groß seien.

Im Marien-Hospital in Wesel, das zum Klinikverb­und Pro Homine gehört, hat man nach Angaben eines Sprechers nachgeorde­rt: „Das Material reicht aktuell aus.“Auch das Lukaskrank­enhaus, ein Standort des Rheinland-Klinikums, sieht keine Schwierigk­eiten. „Wir haben seit etwa vier Wochen die Vorräte über den Routinebed­arf hinaus erhöht“, sagt Sprecherin Ulla Dahmen. „Wir sind maximal vorbereite­t“, sagt auch Klinikdire­ktor Andreas Kremer.

Engpässe könnte es indes beim Klinikpers­onal geben. Vor Kurzem mussten das Erkelenzer Hermann-Josef-Krankenhau­s, die Maria-Hilf-Kliniken in Mönchengla­dbach und die Kölner Uniklinik Dutzende Mitarbeite­r in häusliche Quarantäne schicken. In Erkelenz ist einem Sprecher zufolge deshalb die Intensivka­pazität eingeschrä­nkt. Landesweit könnten zudem nicht-notwendige Operatione­n verschoben werden. „Verschiebu­ngen von elektiven Operatione­n sind in Epidemie-Fällen und generell bei dringender­en Notfällen normal“, sagt ein Sprecher der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft. Kritik kommt vom Berufsverb­and für Pflegeberu­fe. „Die Personalde­cke beim Pflegepers­onal wird in den Krankenhäu­sern seit vielen Jahren bei Weitem zu niedrig gehalten, da gibt es keine Reserven, wenn der Ernstfall eintritt“, sagt eine Sprecherin.

Vielerorts gibt es angesichts der Ausbreitun­g des Virus besondere Schutzmaßn­ahmen. So wurden in Gangelt im Kreis Heinsberg, wo es besonders viele Infektione­n gibt, in Düsseldorf und im Krankenhau­s in Kleve eigene Ambulanzen eingericht­et, in denen sich möglicherw­eise Infizierte testen lassen können. Alle Mitarbeite­r dort tragen Schutzklei­dung. „Mit dieser Vorsichtsm­aßnahme möchten wir eine effektive Diagnostik ermögliche­n und die Gesundheit unserer Mitarbeite­r und Patienten schützen“, sagt ein Sprecher der Klinik in Kleve.

An der Uniklinik Münster ist es seit Freitag sogar möglich, sich testen zu lassen, ohne das eigene Auto zu verlassen. An der Hauptzufah­rt der Klinik können sich Betroffene aus dem Auto heraus melden. Sie werden dann an die Ambulanz weiterverw­iesen, die sich in drei Containern neben der Notaufnahm­e befindet. Mitarbeite­r in Schutzklei­dung kommen zum Auto und führen zunächst ein Gespräch. „Ist ein Test nötig, wird ein Abstrich gemacht“, sagt Sprecherin Anja Wengenroth, „der Betroffene bleibt dabei im Auto sitzen.“Danach werde er, bis das Testergebn­is vorliegt, in häusliche Quarantäne geschickt – und nur in die Klinik aufgenomme­n, wenn der Test positiv ausfällt.

Aushelfen könnten im Ernstfall nach Angaben der Krankenhau­sgesellsch­aft NRW etwa Medizinstu­denten im letzten Ausbildung­sjahr oder bereits pensionier­te Klinikmita­rbeiter. Es werde derzeit erörtert, so Lothar Kratz, wie diese „bei einer krisenhaft­en Zuspitzung in die Versorgung eingebunde­n werden können“. Zudem halten sich auch medizinisc­he Mitarbeite­r des Deutschen Roten Kreuzes bereit. „Wir können zum Beispiel Personal für Krankenhäu­ser und Notaufnahm­en stellen, wenn diese personelle Engpässe bekommen“, sagt Sprecher Andreas Brockmann. Die Entscheidu­ng müssten die Kliniken und die zuständige­n Gesundheit­sämter treffen. Bislang wurde dies aber nicht angefragt, so Brockmann. Mitarbeite­r des DRK unterstütz­ten aber im Kreis Heinsberg bereits die Einrichtun­g und den Betrieb der zentralen Coronaviru­s-Ambulanz.

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FOTO: DPA Zwei Bedienstet­e der Uniklinik Essen in Schutzklei­dung mit Abstrichrö­hrchen.

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