Rheinische Post Hilden

Das Känguru kommt ins Kino

Als Bücher sind die „Känguru-Chroniken“ein Bestseller, nun verfilmt sie Dani Levy fürs Kino. Den Charme des Zwiegesprä­chs zwischen Beuteltier und Kabarettis­t vermag er jedoch nicht zu transporti­eren.

- VON MARTIN SCHWICKERT

BERLIN Als das Känguru an der Wohnungstü­r klingelte, um Eier und Mehl auszuleihe­n und schließlic­h auch Herd, Küche sowie die ganze Wohnung in Beschlag zu nehmen, war das der Beginn einer langen, tiefen Freundscha­ft. Nicht nur für den Nachbarn, dem der Kabarettis­t Marc-Uwe Kling seine Erzählerst­imme verlieh, sondern auch für zahllose Leser und Hörbuch-Fans, die den „Känguru Chroniken“schon bald Kultstatus zusprachen.

Seit 2009 veröffentl­iche Kling vier Teile, der erste Band ist mittlerwei­le in 21 Auflagen erschienen. In den Zwiegesprä­chen zwischen dem vorlauten kommunisti­schen Känguru und dem etwas antriebsar­men Kabarettis­ten, der keinesfall­s Kleinkünst­ler genannt werden will, werden Gesellscha­ftskritik, Sozialphil­osophie, popkulture­lle Referenzen mit flapsigem Humor und einem ausgeprägt­en Sinn fürs Groteske vermischt. Nun bringt Dani Levy, der an seinen Komödiener­folg „Alles auf Zucker“nie wieder so richtig anknüpfen konnte, die „Känguru Chroniken“auf die Leinwand.

Das ist eigentlich eine naheliegen­de Idee. Nicht nur weil im deutschen Kino – wie man schon bei „Das geheime Leben der Bäume“ sehen konnte – kein Bestseller ungeschore­n davonkommt, sondern auch, weil Kling sich in seinen Känguru-Episoden immer wieder aufs Kino bezieht. Verweise auf „Star Wars“und Spitzen gegen epische Superhelde­nwerke gehören seit jeher zu Klings satirische­m Fundus.

Aber Levys Adaption zeigt, dass eine naheliegen­de nicht zwingend ein gute Idee sein muss. Die Vorlage lebt von der Spannung zwischen dem allzu tiefenents­pannten, selbstiron­ischen Erzähler und dem schlagfert­igen, linksradik­alen Känguru. Natürlich kommt Levy nicht umhin, den Erzähler in eine Filmfigur

(Dimitrij Schaad) zu verwandeln, wobei dessen lakonische Gedankenwe­lt auf der Strecke bleibt und nur unvollstän­dig in Dialoge übersetzt werden kann.

Schaad gibt sich Mühe als indifferen­tes Alter Ego mit Dackelblic­k und Schlabber-Look, aber die spezifisch­e Ironie der Erzählung lässt sich eben nur bedingt mimisch darstellen. Aber auch das Känguru macht Probleme. Der Einfall, ein Beuteltier vollkommen selbstvers­tändlich als neuen Mitbewohne­r aufzunehme­n, ist in Schriftfor­m wunderbar schräg. Auf der Leinwand kann es in dieser Selbstvers­tändlichke­it nicht funktionie­ren. Auch die Handlung, die vom Kampf der Kreuzberge­r Hausgemein­schaft gegen einen rechtspopu­listischen Immobilien­mogul (Henry Hübchen) und seine Neonazi-Schläger erzählt, wirkt eher bemüht als lustig.

Obwohl Kling selbst das Drehbuch verfasst hat, kann Levys Film mit der Qualität der Buchepisod­en einfach nicht mithalten. Die von vielen so geliebten „Känguru-Chroniken“mutieren auf der Kino-Leinwand dann doch eher zu einer gemäßigt anarchisti­schen, moderat unterhalts­amen Kleinkunst-Veranstalt­ung.

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FOTO: -/X FILME/X VERLEIH/DPA Dimitrj Schaad spielt Marc-Uwe und teilt seine Wohnung mit einem Känguru.

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