Der deutsche Robert de Niro liest Heine
Bei der Eröffnung einer Ausstellung können die Kuratoren meist mit der Attraktivität der Exponate punkten. Bei der Finissage, dem letzten Tag der Schau, legt man gern noch etwas drauf. Zum Ende der Ausstellung „175 Jahre ‚Deutschland. Ein Wintermärchen‘“hatte das Heinrich-Heine-Institut als besonderes „Etwas“den Schauspieler Christian
Brückner für eine Lesung gewinnen können. Brückner ist auch Synchronsprecher und die „deutsche Stimme von Robert de Niro“.
Im Nu waren die Karten für die Lesung ausverkauft, was für einen Umzug aus dem Institut ins Palais Wittgenstein sorgte. Dort entführte Brückner seine Zuhörer schließlich in Heinrich Heines Hamburger Welt, die im Herbst 1843 das Ziel seiner Reise von Frankreich nach Deutschland
war. Caput XXIII bis Caput XXVII sind auch bei stiller Lektüre ein großes Vergnügen. In der Darbietung eines versierten Sprechers aber ein ganz besonderer Genuss.
Mit einem leicht vergilbten Taschenbuch, dessen lockere Seiten auf häufigeren Gebrauch deuteten, betrat Brückner die Bühne. Unprätentiöses Outfit: Sneakers, ein weißes, offenes Hemd und Allwetterjacke. Als Kopfputz eine jugendlich-zottelige Sturmfrisur und ein gestutzter Bart. Schon ging es los mit einem Schlemmerabend an der Alster. Austern und Rheinwein mit Heines Verleger Campe, Wiedersehen mit alten Genossen: „Ich danke dem Schöpfer in der Höh‘, der diesen Saft der Reben erschuf, und zum Verleger mir den Julius Campe gegeben.“
Dann aber begegnet der Dichter Hammonia, der Hamburger Stadtgöttin.
Sie versichert Heine nach viel Tee mit Rum ihrer besonderen Zuneigung. Sein Bild hänge lorbeerbekränzt über ihrem Bett. Als der aber nach der Zukunft fragt, wird sie einsilbig. Schließlich lässt sie den Neugierigen in ihren Nachttopf schauen: „Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier.“Es folgt ein wissensgieriger Blick in die „furchtbare Rundung“, wonach es heißt: „Was ich gesehn, verrate ich nicht, ich habe zu schweigen versprochen. Erlaubt ist mir zu sagen kaum, O Gott, was ich gerochen!“
Als weiteres „Extra“erzählte Sabine Brenner-Wilczek, die Leiterin des Heine-Instituts, von der aufwändigen Sanierung der Heineschen Originaldokumente: „Wir bekämpfen immer wieder den Tintenfraß, und vom Stör nutzen wir nicht den Kaviar sondern seine Fischblase. Mit der kann man gut kleben.“