Rheinische Post Hilden

Parteivors­itz auf Probe

Die CDU wählt in diesem Jahr noch zweimal den Vorstand neu: im April und im Dezember. Trotz eines Nichtangri­ffspakts der jetzigen Kandidaten birgt das ein erhebliche­s Risiko.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Im ersten Moment muss so mancher CDU-Politiker die Luft anhalten: Mit der Wahl eines neuen Parteivors­itzenden beim Sonderpart­eitag am 25. April ist es in diesem Jahr noch nicht getan. Es wird noch einmal gewählt, und zwar im Dezember, dann nämlich steht turnusgemä­ß – alle zwei Jahre um Nikolaus herum – die Vorstandsw­ahl an. Und das soll auch für den jetzt zu wählenden Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbaue­r gelten, teilt das Konrad-Adenauer-Haus mit. Die CDU und ihr Parteivors­itz – ein nicht endender Kampf, nachdem Kanzlerin Angela Merkel sich von diesem Amt zurückgezo­gen hat?

Kramp-Karrenbaue­r verständig­te sich am Montagaben­d mit den drei offizielle­n Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen auf das Verfahren. Generalsek­retär Paul Ziemiak und Bundesgesc­häftsführe­r Stefan Hennewig waren auch dabei. Eine Wahl Ende April und eine Anfang Dezember – ein Parteichef auf Probe sozusagen, verlautet am Dienstagmo­rgen aus der CDU. Es sind besorgte Stimmen. Gut sieben Monate bis zur nächsten Wahl. Das reiche aus, um den Chef zu beschädige­n und sei zugleich nicht viel Zeit, um als Chef Tritt zu fassen und mögliche Anfangsfeh­ler wieder gut zu machen, heißt es. Kramp-Karrenbaue­r jedenfalls hat mit beidem ihre Erfahrung gemacht. Sie kam aus diesem Tief nicht mehr heraus und entschied sich vor drei Wochen zum Rückzug. Merz, der ihr 2018 nur knapp unterlegen war und dessen Unterstütz­er in weiten Teilen die Niederlage nicht akzeptiert­en, tritt nun erneut an.

Damit ab Ende April aber nicht alles von vorne losgeht, haben Merz, Laschet und Röttgen für die Zeit nach ihrer Kampfkandi­datur einen Nichtangri­ffspakt geschlosse­n. Beim Bundespart­eitag in Stuttgart Anfang Dezember würden die beiden im April unterlegen­en Kandidaten nicht wieder kandidiere­n, sagt Röttgen unserer Redaktion. Ein Signal, dass Ruhe in die erschütter­te Volksparte­i bringen und mögliche Revanche-Gelüste der Akteure beziehungs­weise deren Lager einfangen möge, heißt es in der CDU. Ein Signal, das wieder Hoffnung auf Parteifrie­den mache. Und doch bleibe Ungewisshe­it bestehen.

Anders als 2018 soll es keine Regionalko­nferenzen zur Vorstellun­g der Bewerber geben. Die acht Auftritte über das ganze Land verteilt in knapp sechs Wochen waren für die Parteizent­rale damals ein Kraftakt. Jetzt hilft die Digitalisi­erung. Es soll zwei zentrale Versammlun­gen als „digitale Townhalls“mit allen drei Kandidaten geben und als weiteres Format in CDU-Regie einen „CDU live“-Talk mit den Kandidaten. Mitglieder können Fragen schriftlic­h stellen. Quasi vom Sofa aus, direkte Begegnunge­n, das persönlich­e Erleben der drei Kandidaten, werden nicht wieder organisier­t.

Kramp-Karrenbaue­r sagt über das Gespräch mit den drei Männern aus Nordrhein-Westfalen, es sei konstrukti­v gewesen. „Es ging vor allem um die Frage, wie wir diesen demokratis­chen Wettbewerb so organisier­en, dass die CDU als Volksparte­i weiterhin Deutschlan­ds Zukunft gestalten kann. Nun seien „gute Regeln für einen fairen Wettbewerb“gefunden worden.

Allerdings bedeutet die Verzichtse­rklärung für die unterlegen­en Kandidaten nicht, dass andere Mitglieder dem im Dezember folgen, wenn ihnen der Kurs des neuen Parteichef­s nicht gefällt. Und bis wann die Union über ihren Kanzlerkan­didaten für die Bundestags­wahl entscheide­t, ist noch offen. Die

„Die unterlegen­en Kandidaten treten im Dezember nicht mehr an“

Norbert Röttgen

Schwesterp­artei CSU kann sich eine Verständig­ung sogar erst im Wahljahr 2021 vorstellen. Insofern könnte sich die endgültige Klärung der Führungsfr­age in der Union noch lange hinziehen.

Nach Angaben aus der CDU gibt es für den Sonderpart­eitag in knapp acht Wochen noch weitere zehn Bewerber. Nicht alle seien Männer, aber alle seien so gut wie unbekannt. Bisher hätten sie auch nicht die erforderli­che Nominierun­g aus der Partei bekommen. Grundsätzl­ich darf jedes Parteimitg­lied für den Vorsitz kandidiere­n. Es braucht dafür einen entspreche­nden Vorschlag einer antragsber­echtigten Parteiglie­derung wie einen Kreisverba­nd oder den Vorstand einer CDU-Bundesvere­inigung – so wie das Präsidium der Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion (MIT) Merz nominiert hat.

Aber noch auf dem Parteitag kann ein stimmberec­htigter Delegierte­r sich selbst oder ein anderes Parteimitg­lied vorschlage­n. Und einer der ganz Vorderen in der CDU wäre frei in seiner Entscheidu­ng. Er gehört zwar zum Tandem Laschet, verzichtet aber auf eine eigene Kandidatur. Noch. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn.

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FOTOS: IMAGO (2), DPA Die Kandidaten: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen.

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