Rheinische Post Hilden

Links gegen Rechts: Ramelow gegen Höcke in Thüringen

- VON GREGOR MAYNTZ

ERFURT Der Thüringer Landtag steht an diesem Mittwoch vor einem neuen Anlauf für eine Ministerpr­äsidentenw­ahl. Über allem schwebte am Dienstag die Möglichkei­t, dass die Sitzung wegen einer Coronaviru­s-Infektion abgesagt werden könnte. Der Verdacht bestätigte sich letzten Endes nicht. Doch auch inhaltlich waren die Vorbereitu­ngen von Unklarheit­en und Belastunge­n begleitet.

Die Neuwahl des Ministerpr­äsidenten ist nötig geworden, weil am 5. Februar der Versuch, den geschäftsf­ührend noch amtierende­n Amtsinhabe­r Bodo Ramelow im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit zu wählen, an einer Finte der AfD gescheiter­t war. Sie hatte im dritten Wahlgang nicht ihren eigenen Kandidaten, sondern den FDP-Politiker Thomas Kemmerich gewählt und ihm damit zu mehr Stimmen als Ramelow verholfen. Erst nach der Annahme der Wahl war Kemmerich klargeword­en, welchen Tabubruch er begangen hatte. Er trat nach drei Tagen zurück und war seitdem geschäftsf­ührender Ministerpr­äsident.

Ob die AfD mit der Aufstellun­g ihres Fraktionsv­orsitzende­n Björn Höcke einen neuen Coup plante, wurde zunächst nicht klar. Die FDP verständig­te sich darauf, den Saal während der Abstimmung zu verlassen, weil sie nicht mit Enthaltung, sondern bewusst gegen beide Kandidaten,

Höcke und Ramelow, votieren wolle, dies der Stimmzette­l jedoch nicht zulasse. Von der CDU wurde erwartet, dass vier ihrer Mitglieder schon im ersten Wahlgang für Ramelow votieren, um eine Verständig­ung mit der Linken zur Stabilisie­rung des Landes mit dem Ziel einer Neuwahl Ende April nächsten Jahres umzusetzen. Das trifft auf heftige Kritik der Bundespart­ei.

Drei Vorfälle dürften es der CDU besonders schwermach­en, einem Politiker der Linken ins Regierungs­amt zu verhelfen. In der vergangene­n Woche hatten acht Linken-Abgeordnet­e Strafanzei­ge gegen Kanzlerin Angela Merkel wegen Beihilfe zum Mord erstattet. Die CDU-Politikeri­n habe den Drohnenang­riff der USA auf den iranischen Top-General Suleimani nicht verhindert. Am Wochenende wählte die Linke in Thüringen einen ehemaligen Stasi-Mitarbeite­r zum Landesgesc­häftsführe­r. Und am Dienstag wurde bekannt, dass eine Linken-Perspektiv­veranstalt­ung mit Parteichef Bernd Riexinger die Wortmeldun­g einer Genossen nicht beanstande­te, die „nach der Revolution“davon ausging, dann „ein Prozent der Reichen erschossen“zu haben. Riexinger reagierte nicht entsetzt, sondern meinte, die Reichen nicht erschießen, sondern für „nützliche Arbeit“einsetzen zu wollen. Inzwischen bedauert er seine Reaktion.

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