Links gegen Rechts: Ramelow gegen Höcke in Thüringen
ERFURT Der Thüringer Landtag steht an diesem Mittwoch vor einem neuen Anlauf für eine Ministerpräsidentenwahl. Über allem schwebte am Dienstag die Möglichkeit, dass die Sitzung wegen einer Coronavirus-Infektion abgesagt werden könnte. Der Verdacht bestätigte sich letzten Endes nicht. Doch auch inhaltlich waren die Vorbereitungen von Unklarheiten und Belastungen begleitet.
Die Neuwahl des Ministerpräsidenten ist nötig geworden, weil am 5. Februar der Versuch, den geschäftsführend noch amtierenden Amtsinhaber Bodo Ramelow im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit zu wählen, an einer Finte der AfD gescheitert war. Sie hatte im dritten Wahlgang nicht ihren eigenen Kandidaten, sondern den FDP-Politiker Thomas Kemmerich gewählt und ihm damit zu mehr Stimmen als Ramelow verholfen. Erst nach der Annahme der Wahl war Kemmerich klargeworden, welchen Tabubruch er begangen hatte. Er trat nach drei Tagen zurück und war seitdem geschäftsführender Ministerpräsident.
Ob die AfD mit der Aufstellung ihres Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke einen neuen Coup plante, wurde zunächst nicht klar. Die FDP verständigte sich darauf, den Saal während der Abstimmung zu verlassen, weil sie nicht mit Enthaltung, sondern bewusst gegen beide Kandidaten,
Höcke und Ramelow, votieren wolle, dies der Stimmzettel jedoch nicht zulasse. Von der CDU wurde erwartet, dass vier ihrer Mitglieder schon im ersten Wahlgang für Ramelow votieren, um eine Verständigung mit der Linken zur Stabilisierung des Landes mit dem Ziel einer Neuwahl Ende April nächsten Jahres umzusetzen. Das trifft auf heftige Kritik der Bundespartei.
Drei Vorfälle dürften es der CDU besonders schwermachen, einem Politiker der Linken ins Regierungsamt zu verhelfen. In der vergangenen Woche hatten acht Linken-Abgeordnete Strafanzeige gegen Kanzlerin Angela Merkel wegen Beihilfe zum Mord erstattet. Die CDU-Politikerin habe den Drohnenangriff der USA auf den iranischen Top-General Suleimani nicht verhindert. Am Wochenende wählte die Linke in Thüringen einen ehemaligen Stasi-Mitarbeiter zum Landesgeschäftsführer. Und am Dienstag wurde bekannt, dass eine Linken-Perspektivveranstaltung mit Parteichef Bernd Riexinger die Wortmeldung einer Genossen nicht beanstandete, die „nach der Revolution“davon ausging, dann „ein Prozent der Reichen erschossen“zu haben. Riexinger reagierte nicht entsetzt, sondern meinte, die Reichen nicht erschießen, sondern für „nützliche Arbeit“einsetzen zu wollen. Inzwischen bedauert er seine Reaktion.