Bischöfe bleiben auf Marx-Kurs
Die deutschen Bischöfe werden künftig von Georg Bätzing, dem Bischof von Limburg, vertreten. Der 58-Jährige gilt als überzeugter Reformer und Zölibat-Skeptiker. Damit sind Konflikte programmiert.
MAINZ Wer im Internet nach den Begriffen „Bischof“und „Limburg“suchte, dem wurde dort bislang Tebartz van Elst angezeigt. Jener Bischof, der das Bistum 2013 im Streit und mit einen Skandal um seine 30 Millionen Euro teure Residenz verließ. Die Luxus-Badewanne und die dazugehörigen Gemächer sind heute ein Museum, das Bistum wieder befriedet. Verantwortlich dafür ist allen voran Georg Bätzing, der im Juni 2016 zum neuen Bischof ernannt wurde.
Was dem gebürtigen Rheinland-Pfälzer in Limburg gelang, soll
„Ich bin kein zweiter Reinhard Marx“
Georg Bätzing
Bischof von Limburg und neuer Vorsitzender der Bischofskonferenz
er nun in ähnlich angespannter Ausgangslage wiederholen. Am Dienstag wurde Georg Bätzing im mindestens dritten Wahlgang zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gewählt. Ein Amt, in dem er nicht nur Sprachrohr für 69 Bischöfe und 27 Bistümer ist, sondern auch als Brückenbauer unter den bischöflichen Lagern und gegenüber Externen fungieren muss. In Zeiten von Streitigkeiten über die Ausrichtung der Kirche, ungeklärten sexuellen Missbrauchsfällen und sinkenden Mitgliederzahlen eine wahrhaft „große Bürde“, wie Bätzing sagt. „Ich habe nicht damit gerechnet.“
Nach der Bekanntgabe war in Mainz eine Art Erleichterung zu verspüren. Auch bei Kardinal Reinhard Marx. „Ich bin froh. Mehr kann ich nicht sagen“, sagte Marx bei der Vorstellung seines Nachfolgers. Die Wahl Bätzings sei „ein wichtiger Schritt“, über den er sich „besonders freue“. Marx und Bätzing kennen und schätzen sich seit ihrer gemeinsamen Zeit in Trier, wo Marx zwischen 2001 und 2007 als Bischof und Bätzing unter seiner Führung als Regens tätig war.
Nun übernimmt der 58-Jährige das Amt seines einstigen Vorgesetzten und stellte sogleich klar: „Ich bin kein zweiter Reinhard Marx.“Dennoch wird Bätzing zweifellos die Richtung beibehalten, die Marx eingeschlagen hatte. Mit dessen Unterstützung war im Herbst 2018 der Synodale Weg gestartet, auf dem sich Bischöfe und Laien in gemeinsamen Foren über die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland austauschen sollen. Gastgeber der ersten Versammlung damals war kein anderer als Georg Bätzing.
Künftig wird der Limburger Bischof dem Präsidium angehören. Sogleich nach seiner Amtsübernahme betonte er dann auch, er stehe „ganz und gar für den Synodalen Weg“und sei „sehr überzeugt“, ein neues Miteinander in der Kirche erzeugen zu können. Dazu gehöre ausdrücklich eine Stärkung des ökumenischen
Austauschs. „Nur dann erreichen wir unser großes Ziel, einen breiten Teil der säkularen Gesellschaft anzusprechen.“
Im kommenden Jahr wird Bätzing in Frankfurt, Teil des Bistums Limburg, den dritten ökumenischen Kirchentag miteröffnen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Heinrich Bedford-Strohm, erklärte dann auch, in Bätzing einen „menschlich sehr angenehmen“Gesprächspartner erlebt zu haben. „Das lässt mich mit großer Zuversicht auf die zukünftige ökumenische Zusammenarbeit schauen“.
Die Herausforderungen gehen aber weit darüber hinaus, insbesondere intern wartet viel Arbeit auf Bätzing. Sein Vorgänger Marx war nicht zuletzt ob der wiederkehrenden Streitigkeiten mit einem konservativen Teil der Bischöfe um den Kölner
Kardinal Rainer Maria Woelki nicht zu einer zweiten Amtszeit bereit. Woelki hatte den Synodalen Weg jüngst als „quasi protestantisches Kirchenparlament“bezeichnet und sich klar für den Zölibat ausgesprochen. Bätzing wiederum steht auch in dieser Frage für eine progressive Haltung: „Es schadet der Kirche nicht, wenn Priester frei sind, zu wählen, ob sie die Ehe leben wollen oder ehelos leben wollen.“
Inwiefern ein Kardinal wie Woelki sich künftig von Bätzing, der gerade mal dreieinhalb Jahre Bischof eines vergleichsweise kleinen Bistums ist, vertreten lässt, wird abzuwarten sein. Immerhin war es Woelki, der Bätzing damals in Limburg ins Amt einführte. Bätzing hält es jedenfalls für „ganz normal, dass es in der Bischofskonferenz unterschiedliche Lager gibt“. Nun wolle er Foren
schaffen, um über solche Streitthemen zu sprechen.
Denn Bätzing weiß, dass er selbst auf Hilfe angewiesen ist. Er gehört zu den jüngsten und unerfahrensten Bischöfen in der Konferenz. „Ich kann nicht alles“, stellte er selbst klar, zum Beispiel kein italienisch. Ohnehin sei er „nicht kurien-affin“, habe keinen besonderen Draht nach Rom. „Da bin ich auf die Unterstützung derer angewiesen, die den Laden kennen“, sagte Bätzing.
Und zuletzt ist da noch das Dauerthema „Sexueller Missbrauch“. Am Morgen vor Bätzings Wahl hatten erneut Betroffene vor dem Mainzer Dom gegen den bisherigen Stand der Aufarbeitung demonstriert. In Limburg ging Bätzing in dieser Sache durchaus konsequent vor, noch Anfang des Jahres suspendierte er einen wiederholt auffällig gewordenen Priester. Die Frage der Entschädigungszahlungen halte er für „ganz wichtig“, so Bätzing, „ich hoffe auf ein Ergebnis, das den Betroffenen ein klares Signal sein wird.“
Für die kommenden sechs Jahre wird Georg Bätzing nun das Sprachrohr der deutschen Bischöfe sein. Direkte Entscheidungsgewalt hat er nicht, doch es wäre schon viel erreicht, kann er seinem Limburger Wahlspruch gerecht werden. Der lautete damals: „Führe zusammen.“