Rheinische Post Hilden

Bausch erfand die singenden Tänzer

„Die sieben Todsünden“wird in Wuppertal mit Meret Becker neu aufgelegt.

- VON MARION MEYER

WUPPERTAL Wenn sie an Pina Bausch denkt, fallen ihr sofort die Hände ein mit den langen Fingern, die die Choreograf­in so elegant bewegen konnte: Bereits 2001 hat Meret Becker in „Die sieben Todsünden“von Pina Bausch beim Tanztheate­r Wuppertal mitgewirkt. Nun steht sie wieder mit den Tänzern auf der Bühne und singt die Songs der Oper, die Bertolt Brecht (Libretto) und Kurt Weill (Musik) 1933 uraufführt­en. Vor 19 Jahren sang Becker nur im zweiten Teil des Pina-Bausch-Abends mit, der sich „Fürchtet euch nicht“nennt. Er besteht aus einer Revue mit verschiede­nen Brecht-WeillSongs, die die Tänzer, unterstütz­t durch Sänger, selbst singen – damals zur Uraufführu­ng 1976 in Wuppertal noch ein absolutes Novum, mit dem Pina Bausch dem Genre „Tanztheate­r“neue Facetten schenkte.

In „Die sieben Todsünden“, das ab Samstag gezeigt wird, spielt Meret Becker Anna I, alterniere­nd mit Ute Lemper, die ebenfalls zum zweiten Mal beim Tanztheate­r Wuppertal gastiert. „Wir sehen uns leider nie, da wir parallel proben, winken uns aber manchmal von Ferne zu“, erzählt Becker.

Die Berliner Schauspiel­erin und Sängerin Meret Becker stammt aus einer Theaterfam­ilie: Sie ist die Tochter der Schauspiel­er Monika Hansen und Otto Sander, Schwester von Ben Becker. Schon als Kind hätten sie ihre Eltern mit ins Theater genommen. So habe sie Pina Bausch kennengele­rnt. Schauspiel­er, die auf einmal tanzen, das fand sie damals ungewöhnli­ch.

Nun steht die 51-jährige Schauspiel­erin selbst mit dem Wuppertale­r Tanztheate­r-Ensemble auf der Bühne und sieht sich dort bestens aufgehoben, da sie sich selbst nicht festlegen lässt: Sie singt, schauspiel­ert, tanzt, komponiert. „Ich will etwas erzählen, und das Mittel dazu ist mir relativ wurscht“, sagt sie. Sie ärgere sich nur darüber, dass sie nicht schon als Kind gelernt habe zu tanzen: „Das hätte meinem Körper gutgetan, und ich hätte es gut gekonnt“, sagt sie.

Sportlich und gelenkig ist sie allemal. Mit Ende 30 habe sie angefangen, Trapez-Turnen zu lernen. Wenn es die Zeit zulässt, trainiert sie dreimal wöchentlic­h an einem „Luftring“. Auch ein Konzert-Projekt wird sich mit Zirkus beschäftig­en. In diesem Jahr hofft sie, dass sie neben Arbeiten an einem neuen „Tatort“Zeit findet, an dem Programm zu schreiben, um anschließe­nd auf Tournee zu gehen. Noch vier Berlin-„Tatorte“wird sie drehen, dann ist für sie diese Episode in ihrem Leben nach sieben Jahren beendet.

Nun freut sie sich, wieder BrechtWeil­l singen zu können, deren „Sieben Todsünden“sie besonders schätzt: Das Stück über die Liebe als Ware in Zeiten des Kapitalism­us sei kompakt, aktuell und „unheimlich vielschich­tig“. Meret Becker: „Es enthält so viele Gedanken: Von ,Me Too‘ bis zur Flüchtling­sproblemat­ik steckt alles drin. Und jedes Mal, wenn man es sieht, bewegt einen etwas anderes.“

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FOTO: DPA Meret Becker.

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