Rheinische Post Hilden

Stromsperr­en gegen 300.000 Haushalte

Wer seine Stromrechn­ung nicht bezahlt, muss gleichzeit­ig mit hohen Folgekoste­n rechnen. Verbrauche­rschützer und Grüne wollen das ändern.

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BERLIN (jd) Wer in Deutschlan­d von einer Stromsperr­e betroffen ist, hat in den meisten Fällen die Rechnung des Energiever­sorgers nicht bezahlt. Doch für die säumigen Kunden bleibt es nicht dabei, ihre Schulden zu begleichen. Die Folgekoste­n für die Wiederhers­tellung der Stromverso­rgung sind teils genauso hoch, belaufen sich mitunter auf einen dreistelli­gen Betrag. Zugleich unterliege­n sie enormen Schwankung­en. Das geht aus der Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor.

Demnach berechnete­n die Netzbetrei­ber, die im Auftrag der Stromliefe­ranten im Jahr 2018 bei rund 300.000 Haushalten zum äußersten Mittel der Stromsperr­e griffen, im Durchschni­tt 51,68 Euro für diese Maßnahme. Die Bandbreite war groß: Sie reichte nach Angaben des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums von drei bis 175 Euro. Noch größer war die Spreizung bei den Kosten

für die Wiederhers­tellung: Zwischen drei und 225 Euro stellten die Netzbetrei­ber dafür in Rechnung, wie das Ministeriu­m mit Verweis auf einen Monitoring­bericht der Bundesnetz­agentur mitteilte. Für die Wiederhers­tellung kamen im Schnitt also 54,94 Euro hinzu, zuzüglich Mahngebühr­en und etwaiger Inkasso-Rechnungen. Insgesamt belaufen sich die durchschni­ttlichen Folgekoste­n der Stromsperr­en auf etwa 110 Euro. Die durchschni­ttliche Stromschul­d, bei der eine Stromsperr­e im Jahr 2018 angedroht wurde, lag bei rund 130 Euro.

Die Bundesregi­erung sieht keinen unmittelba­ren Handlungsd­ruck. Man prüfe „laufend, ob Änderungen des bestehende­n rechtliche­n Rahmens angezeigt sind“, heißt es in der Antwort. Zugleich verweist Wirtschaft­sministeri­um darauf, dass die Kunden ein Recht auf Nachweis der Berechnung­sgrundlage hätten. Geringere Kosten seien den Kunden zu gestatten, so das Ministeriu­m.

Den Grünen und Verbrauche­rschützern genügt das nicht. Sie prangern die intranspar­enten Rechnungen an. „Ohne Strom können Menschen keine warme Mahlzeit zubereiten, keine Lebensmitt­el im Kühlschran­k lagern, keine Hausaufgab­en machen“, sagte der sozialpoli­tische Sprecher Sven Lehmann. Die Antwort der Bundesregi­erung zeige, dass sich auch die Folgekoste­n einer Stromsperr­e zu einem ernsten Problem entwickeln. „Es drohen Verschuldu­ngsspirale­n und die Gefahr steigt, wiederholt von Stromsperr­en betroffen zu sein“, so Lehmann. „Wir fordern die Bundesregi­erung auf, für Netzbetrei­ber und Stromliefe­ranten klare Regelungen zur Deckelung der Kosten zu schaffen.“Auch die Verbrauche­rzentrale in NRW hat mehrfach eine Deckelung der Mahn- und Inkassogeb­ühren sowie der Sperr- und Entsperrko­sten gefordert.

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