Becker-Rivale Lendl wird 60
Der verbissene Kämpfer war einer der erfolgreichsten Tennisspieler und gilt als Pokerface.
STUTTGART (dpa) Die Augen hinter einer Sonnenbrille versteckt saß Ivan Lendl zu seiner Zeit als Trainer von Alexander Zverev zumeist mit versteinerter Miene auf der Tribüne. Streng wirkte er, grimmig und emotionslos. So wie es zu dem Image passte, das der einstige Weltklassespieler und Rivale von Boris Becker während seiner Karriere gewonnen hatte. Lendl war bekannt als verbissener Tennis-Roboter, als erbitterter Kämpfer, gefürchtet für seine Unerbittlichkeit. Einer, der offenbar nur selten lacht, so war der Eindruck von ihm.
Doch das ist nur eine Seite von Lendl, der am 7. März seinen 60. Geburtstag feiert. Der ehemalige Davis-Cup-Profi Bernd Karbacher vermittelt ein anderes Bild des achtmaligen Grand-Slam-Champions. „Er hat einen ganz trockenen und bissigen Humor gehabt. Er war schon ein guter, witziger Vogel“, sagte Karbacher. „Sehr lustig“fand er ihn.
Der 51-Jährige hat sich nicht solch erinnerungswürdige Tennis-Duelle wie Becker mit dem in Tschechien geborenen US-Amerikaner geliefert. Aber auch er spielt eine besondere Rolle in der Karriere des 94-fachen Turniersiegers. Denn Lendl bestritt sein letztes offizielles Match bei den
US Open 1994 gegen Karbacher.
Dass Lendl nach seiner Aufgabe in der zweiten Runde von New York nie wieder antreten würde, ahnte der Münchner damals allerdings nicht. Erst Monate später erklärte Lendl seinen Rücktritt. Die Schmerzen am Rücken waren unerträglich geworden.
Nach seiner Karriere zog sich Lendl zu seiner Familie mit den fünf Töchtern in sein Haus in Connecticut zurück, widmete sich dem Golf, fuhr seine Töchter von Golfturnier zu Golfturnier. Und er hatte erst einmal nicht mehr viel zu tun mit der ATP-Tour, die er 270 Wochen lang als Nummer eins angeführt hatte. Je dreimal gewann er die French Open und die US Open, zweimal die Australian Open. Nur in Wimbledon triumphierte er nie – und das wurmte ihn. 1986 stand Becker ihm im Finale im Weg, 1987 war es Pat Cash. Serve-and-Volley war nicht sein Spiel.
Beispielloser Wille und herausragende Fitness zeichneten Lendl aus. Auch für Sägespäne in der Hosentasche gegen die schwitzigen Hände war er bekannt. Neben Lendls Art und den Erfolgen bleibt vielen eine seiner schwersten Niederlagen unvergessen: sein Achtelfinal-Aus in einem unglaublichen Fünf-SatzMatch bei den French Open 1989 gegen den 17-jährigen Michael Chang. Denkwürdig, wie der spätere Sensationssieger Chang, von Krämpfen geplagt, den Favoriten mit einem Aufschlag von unten düpierte. Frech, wie er sich beim Matchball kurz hinter die T-Linie stellte — und Lendls Doppelfehler provozierte.
Die Zusammenarbeit mit Andy Murray war Lendls erste aufsehenerregende Trainer-Mission. Insbesondere dank seiner mentalen Tipps formte er Murray zu einem Mitglied der Topgruppe mit Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic. Als Posse dagegen endete im vergangenen Sommer die Zusammenarbeit mit Alexander Zverev, als der deutsche Topspieler seinen Teilzeit-Coach erst öffentlich scharf kritisierte — und die Trennung dann in den USA vor dem vereinbarten Zeitpunkt durchsickerte.