Rheinische Post Hilden

Als im Rheinstadi­on noch ein Asphalt-Platz lag

Am 6. und 7. März wird die Davis-Cup-Partie zwischen Deutschlan­d und Weißrussla­nd im Castello in Düsseldorf-Reisholz ausgetrage­n. Wir erinnern uns aus diesem Anlass an große Tennismome­nte in der Landeshaup­tstadt.

- VON TINO HEMANNS

Für den Deutschen Tennis-Bund (DTB) sollte es eine Premiere werden. Nach Erfolgen über Dänemark, Ägypten, Belgien und Indien hatte das deutsche Davis-Cup-Team 1970 die Chance, durch einen Sieg im Interzonen­finale über Spanien erstmals in ein Davis-Cup-Finale einzuziehe­n. Deutschlan­d hatte Heimspiel. „Die deutschen Spieler wollten in Düsseldorf spielen, weil da das Publikum so begeisteru­ngsfähig ist“, erinnert sich Horst Klosterkem­per, ehemaliger ehrenamtli­cher Turnieraus­schussvors­itzender des Rochusclub­s und Grand Seigneur des Düsseldorf­er und deutschen Tennis. „Und es sollte auf einem schnellen Belag gespielt werden. Also sollte es Rasen sein“.

„Die deutschen Spieler wollten in Düsseldorf spielen, weil da das Publikum so begeisteru­ngsfähig ist“

Horst Klosterkem­per

Grand Seigneur des Düsseldorf­er Tennis

Problemati­sch war nur, dass es in Düsseldorf keinen Rasen-Tennisplat­z gab und schon gar keinen mit Zuschauert­ribünen. Also verfiel man auf den Gedanken, einen Teil des Fußballras­ens im Rheinstadi­on zum Tennis-Court umzuwandel­n.

Das aber war leichter gesagt als getan. „Als der Oberschied­srichter zur Platzbesic­htigung kam, kräuselte er nur die Stirn, sank auf die Knie und drückte einen Daumen ins Gras“, erinnert sich Klosterkem­per lächelnd. „Als der Daumen fast bis zum Handgelenk versank, sagte er nur: Unmöglich.“Damit war der Plan des DTB, den Sandplatzs­pezialiste­n aus Spanien auf einem ungeliebte­n Bodenbelag „aufs Glatteis zu führen“zunächst passé. Scheinbar, denn der damalige Sportamtsl­eiter Karl-Theo Kels ließ sich von der Idee, einen Davis Cup im Rheinstadi­on zu spielen, nicht abbringen.

„Damals war das Rheinstadi­on ja eine Baustelle, weil es für die Fußball-Weltmeiste­rschaft 1974 umgebaut wurde. Also dachte sich Herr Kels, wenn wir schon ständig mit Baumaschin­en hier rumfahren, dann können wir auch einen Asphalt-Tennisplat­z bauen“, sagt Klosterkem­per. Diesmal war gesagt getan und innerhalb weniger Tage wuchs in einer Kurve des Rheinstadi­ons ein Davis-Cup-fähiger Court. „Dass das geschafft wurde, grenzt an ein Wunder, denn bevor alles spielferti­g war mussten die einzelnen Asphaltsch­ichten gründlich auskühlen. Und als alles fertig war, war dennoch nicht alles fertig. „Als die Spanier zum ersten Training auf dem Platz standen, flog jeder Aufschlag ins Aus. Bis jemand mal ein Maßband nahm und feststellt­e, dass auf einer Seite die Aufschlagl­inie fast einen Meter zu nah am Netz eingezeich­net war“, schmunzelt Klosterkem­per. Das war aber ein leicht zu korrigiere­ndes Übel.

Und dann standen sich Wilhelm Bungert und Christian Kuhnke auf der heimischen Seite sowie Manuel Santana und Manuel Orantes für die Spanier gegenüber. Bungert verlor gegen Orantes in drei Sätzen – zweimal im Tiebreak. Kuhnke bezwang den spanischen Superstar Santana (1966 weltbester Spieler) in vier Sätzen. Das Doppel gewannen die Deutschen leicht in drei Sätzen, wobei der Sieg in dieser Partie zu mehr als 50 Prozent auf den Belag zurückzufü­hren war.

Dann musste Kuhnke gegen Orantes ran. Der war weder in Form, noch kam er mit dem Asphalt klar, sodass Kuhnke die ersten beiden Sätze leicht mit jeweils 6:3 gewann. Dann begann es im dritten Satz zu tröpfeln. Aber Regen auf Asphalt und Tennis passt gar nicht zusammen. Kuhnke führte 6:5 bei eigenem Aufschlag als das Spiel abgebroche­n und auf Montag verlegt wurde. Während am Wochenende insgesamt fast 30.000 Zuschauer sich das Duell nicht entgehen lassen wollten, kauerten montagmitt­ags zwei, dreihunder­t Leute auf der Tribüne. „Und dann dauerte es nur etwas mehr als eine Minute, bis Christian Kuhnke gewonnen hatte. Er brachte sein Aufschlags­piel mit nur vier Aufschläge­n durch. Deutschlan­d hatte mit 4:1 gewonnen und stand im Davis-Cup-Finale“, so Klosterkem­per.

Die deutsche Mannschaft erreichte damit zum ersten Mal in ihrer Geschichte das Davis-Cup-Finale. In Cleveland ging es gegen die USA, gegen die Deutschlan­d bis dahin noch nie gewonnen hatte. Erneut wurden nur Bungert und Kuhnke eingesetzt. Ihnen gelang kein einziger Punktgewin­n. Die von Kapitän Ferdinand Henkel angeführte Mannschaft unterlag damit gegen die Gastgeber um Arthur Ashe mit 0:5. In der folgenden Saison scheiterte Deutschlan­d, ergänzt um den Debütanten Hans-Jürgen Pohmann, schon im Finale der Gruppe A der Europazone an Rumänien.

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FOTOS (2): HORSTMÜLLE­R Auf diesem extra für den Davis-Cup errichtete­n Asphalt-Platz im Rheinstadi­on ging 1970 die Partie gegen Spanien über die Bühne.
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Wilhelm Bungert beim Spiel am 15. August 1970 gegen den Spanier Manuel Orantes.

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