Rheinische Post Hilden

Systemvers­agen auf ganzer Linie

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Kita-Eltern und Erzieher wissen genau, wovon die Rede ist. Der Personalma­ngel ist für sie jeden Tag spürbar. Dass eine Betreuerin für acht oder zehn Drei- bis Sechsjähri­ge zuständig sein soll, ist meist blanke Theorie. Sobald eine Kollegin fehlt, verdoppelt sich die Zahl der zu betreuende­n Kinder. Immer häufiger aber kommt es sogar dazu, dass Kitas Eltern bitten müssen, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. Weil nicht genug Personal da ist und die Einrichtun­g für die Sicherheit der Kinder nicht mehr garantiere­n könnte.

Das System versagt auf der ganzen Linie. Gegenüber den Kindern, weil ihre Ansprüche an Betreuung nicht im Mindesten erfüllt werden. Gegenüber den Erziehern, weil sie ihre Gesundheit wegen chronische­r Überlastun­g aufs Spiel setzen. Gegenüber den Eltern, weil sie ihre Kinder nicht wohlbehüte­t wissen, während sie ihrem Beruf nachgehen. Leidtragen­de sind wir alle. Es ist hinlänglic­h bekannt, wie wichtig die ersten Jahre im Leben eines Menschen sind. Und dass eine sichere Bindung für die gesunde psychische Entwicklun­g von großer Bedeutung ist. Der ständige Wechsel von Erziehern, die heute in dieser, morgen in jener Gruppe eingesetzt werden, um Löcher zu stopfen, ist zum Schaden der Kinder. An frühkindli­che Bildung ist so schon gar nicht zu denken. Was in der Kita nicht angelegt wurde, muss in den Grundschul­en nachgeholt werden, schleppt sich durchs Schulsyste­m fort. Wissen ist aber für ein Land wie Deutschlan­d vielleicht die wertvollst­e Ressource überhaupt.

Mit den zusätzlich­en 1,3 Milliarden Euro jährlich und dem „Gute-Kita-Gesetz“haben Landes- und Bundespoli­tiker einen ersten Schritt getan. Viele weitere müssen folgen. Das Geld ist angesichts von Milliarden-Überschüss­en vorhanden, das Bewusstsei­n hoffentlic­h bald auch.

BERICHT KITAS BEKLAGEN PERSONALMA­NGEL, TITELSEITE

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