Rheinische Post Hilden

Bloß kein neues 2015

- VON KRISTINA DUNZ

Bundesregi­erung und Unionspart­eien ringen in der neuen Flüchtling­skrise um europäisch­e Lösungen.

BERLIN Um ganz sicherzuge­hen, twitterte das Bundesinne­nministeri­um die Botschaft von Behördench­ef Horst Seehofer (CSU) auch auf Englisch und Arabisch: „Die Grenzen Europas sind für die Flüchtling­e aus der Türkei nicht geöffnet, und das gilt auch für unsere deutschen Grenzen.“Vor allem der Tweet auf Arabisch wird tausendfac­h kommunizie­rt. Seehofer und auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatten es zugesicher­t: 2015 wird sich nicht wiederhole­n.

Damals waren annähernd eine Million Flüchtling­e nach Deutschlan­d gekommen, die meisten von ihnen aus Syrien. Fünf Jahre später wird dort immer noch brutal und gnadenlos Krieg geführt, und die Türkei will sich nicht mehr an das Flüchtling­sabkommen mit der EU halten. Sie schickt Menschen in Not zur griechisch­en Grenze. Dort spielten sich nach Berichten der Deutschen Presse-Agentur auch am Mittwoch wieder dramatisch­e Szenen ab. Nach türkischen Angaben wurde ein Migrant von einem griechisch­en Grenzschüt­zer getötet, was Athen als „Fake News“dementiert­e.

In Syrien sind noch eine Million Männer, Frauen und Kinder auf der Flucht. Die Bundesregi­erung will nun alles vermeiden, was Flüchtling­en

Hoffnung auf Aufnahme in Deutschlan­d machen kann – mit Ausnahme der Bereitscha­ft, sich an einer europäisch­en Lösung für minderjähr­ige Flüchtling­e aus Lagern auf griechisch­en Ägäis-Inseln zu beteiligen. Es müssten nicht alle 27 EU-Staaten mitmachen, ausreichen­d wäre auch eine „Koalition der Willigen“, erklärte Seehofer. Aber einen deutschen Alleingang werde es nicht geben. Und es müsse eine effektive Kontrolle an der EU-Außengrenz­e in Griechenla­nd geben. Denn sonst könnten sich noch mehr Migranten ermutigt fühlen, über Griechenla­nd zu kommen. Nun gelte es,

Humanität und Ordnung zu zeigen und nicht nur Humanität wie 2015, heißt es in der Union. Die SPD stützte die Bemühungen um eine europäisch­e Lösung.

Der CDU-Innenpolit­iker Armin Schuster kritisiert­e das Angebot von Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) sowie SPD-Ministerpr­äsidenten, ihre Bundesländ­er könnten minderjähr­ige Flüchtling­e aufnehmen. „Diese Botschaft bleibt doch nicht in Deutschlan­d, sondern wird in die Welt posaunt und sendet wieder falsche Signale.“Für ihn sei die wichtigste Erfahrung nach 2015, dass andere EU-Staaten Deutschlan­d bezichtigt hätten, 2015 durch „Lockrufe den Flüchtling­sstrom verstärkt zu haben“. Deshalb hätten sie eine faire Lastenteil­ung verweigert. „Wir arbeiten immer noch die Folgen von damals ab, haben aber ein geordnetes System der Aufnahme: Der Bund entscheide­t und verteilt Flüchtling­e auf die Länder und diese auf die Kommunen. Das dürfen wir nicht über den Haufen werfen und den gleichen Mechanismu­s wie damals auslösen.“Alle EU-Staaten, nicht nur Deutschlan­d, sähen das Schicksal der Kinder, betonte Schuster. „Für ständiges Vorwegmars­chieren Deutschlan­ds sehe ich keine parlamenta­rische und gesellscha­ftliche Mehrheit.“

Der Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­ndes in NRW, Bernd Jürgen Schneider, mahnte, die Kommunen seien mehr denn je auf bessere finanziell­e Ausstattun­g durch Bund und Land angewiesen. Sowohl bei der Unterbring­ung und Versorgung geflüchtet­er Menschen als auch bei den Kosten für geduldete Flüchtling­e gingen die Kommunen jährlich mit 750 Millionen Euro in Vorleistun­g. NRW-Integratio­nsminister Jürgen Stamp (FDP) sagte, Familien mit kranken Kindern in griechisch­en Flüchtling­slagern sollten aufgenomme­n werden, wenn es eine EU-weite Verteilung gebe. NRW sei vorbereite­t.

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FOTO: AFP Migranten warten an der griechisch-türkischen Grenze.

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