Neue Betrugsmasche gegen Senioren
Eine Bande kombiniert den Enkeltrick mit der Einschaltung falscher Polizisten. Eine 77-Jährige passte auf, eine Frau sitzt nun in U-Haft.
Silvia S. sagt von sich, sie sei vorsichtig und eher ängstlich. „Ich passe immer sehr auf“, sagt die 77-Jährige am Mittwochnachmittag vor Journalisten. Ihrer Wachsamkeit ist es zu verdanken, dass eine Bande mit einem besonders perfiden Vorgehen nicht zum Erfolg kam. Die Düsseldorferin sollte der Verbindung von Enkel- und Polizeitrick auf den Leim gehen und dabei 35.000 Euro verlieren. Eine mutmaßliche Täterin sitzt in Untersuchungshaft. Die Masche wurde erstmals in Düsseldorf angewendet. Bislang war es so, dass der Enkeltrick-Betrug über polnische Callcenter abgewickelt wurde. Falsche Polizisten nutzten Callcenter in der Türkei. Das Protokoll:
Der Enkeltrick
Bei Silvia S., die sich in Geschäftsräumen an der Kö aufhielt, klingelte am Dienstag kurz vor 15 Uhr das Telefon. Ein Mann gab sich als ihr Neffe aus. Er sei in der Nähe. Weil die gebürtige Schweizerin vorsichtig ist, wollte sie die Angabe überprüfen. Als der Mann sagte, er sei ein naher Verwandter, zählte sie einige ihrer Verwandten auf. Als er beim dritten Namen bejahte, dies sei er, wollte sie wissen, ob er verheiratet sei und Kinder habe. Sie würde sich freuen, ihn nach 15 Jahren wiederzusehen, sagte Silvia S., aber sie müsse sichergehen, dass er es wirklich sei. „Ich erkenne deine Stimme nicht.“Als der Anrufer die Namen seiner Kinder nennen sollte, reagierte er unwirsch und legte auf.
Der Polizeitrick
Silvia S. rief ihren Sohn auf dem Handy an, als auf dem Festnetz der nächste Anruf einging. Der Sohn hörte mit. Ein Herr Braun stellte sich als Kriminalbeamter von der Dienststelle 2 vor. Die Polizei habe mitgehört und festgestellt, dass Silvia S. Opfer eines Enkeltricks werden solle. Ob sie bereit sei, der Polizei zu helfen, die Betrüger zu überführen. Er dankte, als sie zusagte, und kündigte den Anruf seiner Vorgesetzten an, einer Frau Leienberg. Der Sohn von Silvia S. bat seine Mutter, sofort den Notruf der Polizei zu wählen, und machte sich auf den Weg zur Kö.
Nur gut fünf Minuten später meldete sich Frau Leienberg, dankte Silvia S. und bat sie, zum Schein auf die Forderungen der Betrüger einzugehen. „Sie sprach akzentfreies Deutsch und kannte den Polizeijargon“, sagt Markus Gerhards, Erster Kriminalhauptkommissar und Leiter des KK 31, das sich um schwere Betrugsstraftaten zum Nachteil älterer Menschen kümmert.
Der Enkeltrick
Nach einigen Minuten rief der vermeintliche Neffe an und bat Silvia S., sie möge ihm 35.000 Euro zur Verfügung stellen. Er befinde sich in einem Autohaus in Mönchengladbach, das Auto koste 65.000 Euro und ihm fehle diese Summe zum Bezahlen.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich bereits spezialisierte Zivilfahnder bei Silvia S. Weil sie vorsichtig ist, hatte sie sich den Dienstausweis der Beamten zeigen lassen. Die „Tante“erklärte sich bereit, zu helfen, sagte aber, sie habe nur 7500 Euro im Büro. Der Neffe solle kommen, um mit zur Bank zu gehen.
Der Polizeitrick
Frau Leienberg meldete sich und beruhigte Silvia S.. Sie könne zur Bank gehen, Zivilkräfte seien bereits vor Ort und sicherten den Weg zur Bank ab. Die 77-Jährige dankte und sagte: „Dann mache ich das – ich bin ja sicher.“
Nach 16 Uhr meldete sich die falsche Polizistin erneut und erfragte bei Silvia S., welche Scheine sie nun habe, welche Seriennummern darauf stünden und wie ihre IBAN laute. Mit all dem versorgten sie die Zivilfahnder. „Darauf sind wir vorbereitet“, sagt Kim Pahmeier. Die Kriminalhauptkommissarin hat viele solcher Einsätze mitgemacht und leitet sie heute. Auch ein Umschlag, in dem Geld vermutet werden könnte, hatten die Beamten dabei.
Warum fragen die Täter solche Details ab? „Sie wollen sichergehen, dass dort wirklich Geld vorhanden ist“, sagt Gerhards. Sind sie misstrauisch, brechen die Täter die Aktion ab.
Der Enkeltrick
Im vorliegenden Fall machte Silvia S. ihre Sache perfekt. Der falsche Neffe meldete sich und sagte, er könne das Autohaus nicht verlassen. Die Kassiererin überlasse ihm das Auto, sobald das Geld übergeben sei. Es komme dafür eine Frau Linz vorbei. Sie sei 40 bis 50 Jahre alt und habe dunkle Haare. Silvia S. solle nach unten gehen und ihr das Geld vor dem Haus überreichen.
Die Festnahme
Maria K. (51) hat in Deutschland keinen Wohnsitz und ist in Polen gemeldet. Silvia S. fuhr mit dem Aufzug herunter, eine Fahnderin folgte ihr im Treppenhaus. Maria K. ging auf das Haus zu. Als sich die Haustür öffnete und Maria K. die zweite Person sah, flüchtete sie zum nahen Taxistand. Dort wurde sie festgenommen. Sie sagte, sie sollte Unterlagen in Deutschland abholen. Dafür habe man ihr 500 Euro versprochen. Und: „Ich habe die Dame nicht schädigen wollen.“Der Richter schickte Maria K. in Untersuchungshaft. Ihr droht ein Jahr Haft wegen Betrugs. Silvia S. sagt: „Maria K. gehört zu den kleinen Leuten. Ich hoffe, man kann etwas gegen die Banden ausrichten.“