Das härteste Hundeschlittenrennen der Welt
Die Düsseldorferin Kerstin Schley reiste als Helferin nach Alaska zum Yukon Quest, einem 1600 Kilometer langen Rennen.
Mit Strand und Sonnenschein kann Kerstin Schley wenig anfangen. „Bei Schnee und Eis geht mein Herz auf“, erzählt sie. Ihre Liebe zu den kalten Regionen dieser Welt begann vor 15 Jahren bei einer Skandinavienreise. Als sie zum ersten Mal die Gletscher und Nordlichter sah, „da hat es mich gepackt“, erzählt sie. Und damit meint sie nicht nur das Interesse an den Landschaften, sondern auch an Kultur und Politik. Deshalb entschied sich Kerstin Schley, Arctic and Nordic Studies an Universitäten in Norwegen und Alaska zu studieren. Nicht das erste Mal, dass sie ihr Leben umkrempelte.
Wenn sich Kerstin Schley etwas vornimmt, dann setzt sie es auch um. Als die gelernte Unternehmensberaterin vor 20 Jahren Pilotin werden wollte, schmiss sie ihren alten Job, besuchte eine Flugschule und wurde: Pilotin. Dieses Mal sollte der Wandel jedoch nicht ganz so einschneidend sein. Statt erneut ihren Job zu kündigen, absolvierte die Düsseldorferin den Großteil ihres Studiums online. Inzwischen hat sie ihren Master abgeschlossen und gibt Vorträge, alles parallel zu ihrem Job als Pilotin. Ruhe ist für sie ein Fremdwort. „Ich bin kein Erholungsurlauber.“
Das gilt auch für ihre aktuelle Reise nach Alaska, mit der sie sich einen weiteren Traum erfüllt hat. Anfang Februar verbrachte sie einige Tage in dem US-Bundesstaat; jedoch nicht um die Natur zu bewundern, sondern um als Helferin beim Yukon Quest zu arbeiten, einem 1600 Kilometer langen Hundeschlittenrennen, das quer durch Nordamerika verläuft. 15 Teilnehmer wagten sich dabei mit ihren Vierbeinern auf eine tagelange Odyssee durch Schnee und Eis. Die Aufgabe von Kerstin Schley lag zum Beispiel darin, im Startbereich Banden anzubringen. Klingt einfach, bei minus 30 Grad Celsius ist die Aufgabe aber schwerer, als man denkt.
„Wir mussten Fäustlinge tragen, wodurch die Arbeit sehr lange gedauert hat.“Zum anderen musste Schley an vier sogenannten Checkpoints an der Strecke die Ankunft der Teilnehmer kontrollieren. Da die Schlitten aber nicht unbedingt nah beieinander fahren, hieß das für Schley und ihre Helfer-Kollegen langes Warten und trotzdem in ständiger Bereitschaft zu bleiben – und wenn nötig auch mitten in der Nacht aufzustehen. Ruhige Nächte gab es ohnehin nicht. Aufstehen musste Schley auch aus anderen Gründen. Denn damit einem bei Temperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius das Auto nicht zufriert, muss es nachts entweder an eine Stromleitung angeschlossen oder im Zweistundentakt angelassen werden.
Was reizt jemanden, seine Freizeit fernab der Zivilisation als Helfer
zu verbringen? Für Schley ist es die Faszination des Rennens. Langweilig wurde ihr deshalb trotz vieler Phasen ohne Beschäftigung nicht. „Ich habe sehr viele interessante Menschen kennengelernt.“Einige der Helfer hatten sogar mit ihr studiert, sodass ihr Job zu einer Art Klassentreffen auf Umwegen wurde.
Das außergewöhnlichste Erlebnis machte sie gleich zu Beginn des Rennens. Denn die ersten Meilen durfte sie auf dem Schlitten der
Teilnehmerin Olivia Shank mitfahren, gezogen von 14 Schlittenhunden und umjubelt von Hunderten Zuschauern. „Es war eine einzigartige Stimmung“, erzählt Kerstin Schley. Nicht nur wegen des Jubels, sondern auch wegen der Anspannung der Schlittenführerin und ihrer Hunde, die während der Startphase zu spüren gewesen sei.
Denn für die Teilnehmer ist das Rennen eine gigantische Herausforderung. So müssen sie genau kalkulieren, wie viele Pausen sie und vor allem ihre Tiere brauchen. Hinzu kommt die lange Einsamkeit. „Viele Teilnehmer halluzinieren während des Rennens. So war einer davon überzeugt, unterwegs einen Radfahrer gesehen zu haben.“
Als Kerstin Schleys Chauffeurin Olivia Shank nach 15 Tagen das Ziel als 11. von den 15 Teilnehmern erreichte, war die Düsseldorferin jedoch bereits wieder in Deutschland, da die Helfer jeweils nur einige
Tage in Alaska geblieben sind und den Sportlern nicht den gesamten Weg hinterher reisen. Deshalb hat Kerstin Schley auch schon den nächsten Besuch bei dem Traditionsrennen geplant. Dann aber auf kanadischer Seite, um den Zieleinlauf der Teilnehmer zu erleben. Ob sie auch selbst an dem Rennen teilnehmen würde? Diese Frage verneint sie, dazu fehle ihr schlicht das Know-how. Neue Herausforderungen findet sie aber sicher auch so.