Rheinische Post Hilden

Wonnen der Empörung

Alles schaut auf die rechtsradi­kale AfD; warum wird die Linksparte­i so verniedlic­ht?

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In dem gepriesene­n Zukunft-Buch „Homo Deus“von Yuval Noah Harari findet sich dieser Satz: „Der Schlüssel zum Glück ist [...] die richtige Dosierung von Erregung und Ruhe; die meisten von uns aber verfallen am liebsten direkt vom Stress in die Langeweile und wieder zurück; was dazu führt, dass sie mit dem einen so unzufriede­n sind wie mit dem anderen.“Bei der Betrachtun­g und Kommentier­ung der Partei „Die Linke“hatten es sich zu viele Politiker und Medienleut­e sicht-, hör- und lesbar in einem Mix aus wohlmeinen­dem Desinteres­se und klammheiml­ichem Spaß am Stachel im Fleisch des Systems bequem gemacht. Dass Teile der marxistisc­hen, also gestrigen Partei den SED-Staat nicht für einen des Unrechts, wohl aber den Staat der Bundesrepu­blik als ein durch freie und soziale Marktwirts­chaft verunstalt­etes Gebilde halten – „was soll’s“, hieß und heißt es.

Die Erregung, manchmal auch bloß die Wonnen der Empörung, gelten momentan allein dem ebenfalls in Teilen systemfein­dlichen Pendant auf der anderen Seite des politische­n Spektrums: der AfD. In beiden Parteien befinden sich Extremiste­n. Seltsam ist, dass der Antifaschi­smus gegenwärti­g die „rot lackierten Faschisten“(Kurt Schumacher, SPD, über Kommuniste­n) auf Linksaußen ausblendet. Dabei konnte und kann jeder politisch Interessie­rte wissen, dass in der Linksparte­i neben demokratis­chen Sozialiste­n auch Jung- und Altstalini­sten sowie Ex-Stasi-Leute nicht einmal verdeckt auftreten und das trotz Mängeln erfolgreic­he System Soziale Marktwirts­chaft überwinden wollen. Nach einem scheußlich­en Vorfall bei einer Linksparte­i-Veranstalt­ung in Hessen (Erschießun­g oder bloß Arbeitsdie­nst für „Reiche“) darf unterstell­t werden, dass Linksextre­me sogar für Stalins besondere Kampftechn­iken einen bösen Scherz (?) übrig haben.

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