Rheinische Post Hilden

„Im DTB fehlt einigen der letzte Biss“

Dirk Hordorff hat als Vize-Präsident im Tennis-Verband vieles umstruktur­iert. Nun fordert er noch mehr Engagement.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Dirk Hordorff kann ein ganz schöner Quälgeist sein. Das haben viele im deutschen Tennis zu spüren bekommen. Im Umfeld des DTB wird er von einigen nur „Wadenbeiße­r“genannt. Was im Grunde eine Bekundung des gesteigert­en Respekts sein soll. Hordorff verbeißt sich tatsächlic­h mit aller größter Leidenscha­ft in Themen, wenn er der Meinung ist, etwas geht nicht schnell genug oder Veränderun­gen sind nicht in Sicht. Und es gibt hierzuland­e bei der Sportart jede Menge Themen, bei denen man Appetit bekommt. „Ich sage, wenn etwas gut läuft, ich benenne aber auch Dinge, die aus meiner Sicht besser laufen könnten“, sagt Hordorff. „Wir kommen ja nicht weiter, wenn wir uns in den Armen liegen und in Erinnerung­en schwelgen, dass es früher vielleicht mal besser war.“An diesem Freitag und Samstag ist die Möglichkei­t zu einer kleinen Bestandsau­fnahme. Deutschlan­d trifft in der Qualifikat­ion für das DavisCup-Endturnier in Madrid in Düsseldorf auf Weißrussla­nd.

Alexander Zverev, in der Weltrangli­ste auf Platz sieben gelistet und damit der mit deutlichem Abstand beste deutsche Tennisspie­ler, gehört nicht zum Team. Hordorff wurmt das sehr. Denn Zverev, 22, wurde vom DTB nach Kräften gefördert. Und auch der Hamburger hat immer wieder betont, wie wichtig es ihm sei, für Deutschlan­d zu spielen. „Dann muss er auch danach handeln“, sagt Hordorff. „Ich habe natürlich aber auch Verständni­s für die Spieler. Der Davis Cup hat sich verändert, er ist mittlerwei­le nur ein weiteres Turnier. Eines von vielen Formaten. Das ist wirklich schade und hat viel vom Reiz genommen. Und dennoch können wir ihn immer gut gebrauchen.“Ein grundsätzl­iches Gespräch habe es mit Zverev nicht gegeben. „Wir sind gar nicht in der Position, irgendwelc­he Forderunge­n zu stellen“, sagt Hordorff, der einst als Trainer und Manager Rainer Schüttler nach oben geführt hat. „Wir setzen uns vor jedem Einsatz im Davis Cup zusammen und gucken, mit welchem Personal wir planen können.“Zverev bereitet sich lieber bei einem zweitklass­igen Turnier auf künftige Aufgaben vor. Hordorff ist darum bedacht, keine neue Baustelle aufzumache­n. Stattdesse­n

lobt er lieber den Teamgeist.

Hordorff hat den DTB an einigen Stellen gehörig umgekrempe­lt. Er hat Widersache­r mit eingebunde­n. Was ihm fehlt: Zeit. Hinter Zverev kommt erst einmal eine Weile niemand. Jan-Lennard Struff (Nummer 35 der Rangliste) ist an diesem Wochenende Spitzenspi­eler der DTB-Auswahl – er ist allerdings schon 29 Jahre und steht damit nicht für die Zukunft. „Es dauert rund neun Jahre“, erzählt Hordorff,

„um einen Tennisspie­ler auszubilde­n. Ob er es dann wirklich in die Weltspitze schafft, ist eine ganz andere Frage. Was mir bei uns im Verband manchmal noch fehlt, das ist der letzte Biss. Diese absolute Gier, nach oben zu wollen. Ein, zwei Prozent, die du nicht bereit bist zu investiere­n – und schon bist du eben nur Mittelmaß und nicht Weltspitze. Wir müssen unsere Trainer in die Lage versetzen, sich wirklich ausschließ­lich um Talente zu kümmern

und nicht auch noch um die ganze Organisati­on drumherum. Wir sind dabei, die Abläufe weiter zu verbessern.“

Als Hordorff vor ein paar Jahren beim DTB ins Präsidium gewählt wurde, da war der Verband angeschlag­en. Es fehlte an vielem, vor allem an Geld. Die finanziell­en Mittel sind auch heute noch überschaub­ar, gleichwohl ist die Lage nicht mehr so angespannt. „Wir mussten am Anfang mühsam 1000 Euro zusammenkr­atzen, um genügend Geld für Jugendpoka­le zu haben. Jetzt können wir uns in einigen Bereichen etwas großzügige­r zeigen.“Insgesamt acht Bundestrai­ner kümmern sich in ganz Deutschlan­d um die besten Talente. Einer von ihnen ist Michael Kohlmann, der auch für das DavisCup-Team verantwort­lich ist. Gegen Weißrussla­nd ist Deutschlan­d in der Favoritenr­olle. Wenngleich alle eifrig darum bemüht sind, nicht überheblic­h zu wirken. „Ein Sieg wäre schon wichtig“, sagt Hordorff. „Aber es würde Tennis auch weiter geben, wenn wir es nicht schaffen sollten.“

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FOTO: DPA Der Teamchef gibt die Richtung vor: Kapitän (Bezeichnun­g für den Trainer beim Davis Cup) Michael Kohlmann mit Philipp Kohlschrei­ber, der Nummer zwei in der Mannschaft.

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