Rheinische Post Hilden

Düsseldorf hat 72 neue Handwerksm­eister

Den Meistertit­el sehen viele Handwerker als Basis für ihre Selbständi­gkeit. Die Zahl der Meister steigt aber nur langsam.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

Das Handwerk erholt sich nur leicht von seiner Imagekrise. Noch immer ist die Zahl derjenigen, die im Bezirk der Handwerksk­ammer Düsseldorf ihre Meisterprü­fung bestehen, nur dreistelli­g – inzwischen das vierte Jahr infolge. Immerhin: Mit 939 bestandene­n Meisterprü­fungen im Jahr 2019 geht es zumindest gegenüber dem Vorjahr aufwärts. 2018 waren es mit gerade einmal 846 bestandene­n Prüfungen so wenige wie seit Jahrzehnte­n nicht mehr.

Zum Vergleich: Im Jahr 1991 hatten noch 2522 Handwerker ihre Meisterfer­tigkeit bewiesen. Damals lag der Frauen-Anteil bei 11,6 Prozent; 2019 waren 22,8 Prozent Meisterinn­en. Ihr Anteil ist damit so hoch wie seit 2013 nicht mehr.

Auf die Stadt herunter gerechnet, ist Düsseldorf nun um 72 Handwerksm­eister reicher: 57 Männer und 15 Frauen. Viele der Aspiranten waren in den vergangene­n Monaten doppelt belastet, haben zum Teil Vollzeit gearbeitet und abends zusätzlich für Stunden die Schulbank gedrückt. Als angehende Meister erwarben sie unter anderem die Lizenz zum Ausbilden und mehr Wissen in kaufmännis­chen Bereichen. Einige mussten während ihrer Zeit auf der Meistersch­ule auch finanziell­e Einbußen verkraften. Diese Strapazen haben sich gelohnt: Einige Handwerker haben sich mit ihrem Meistertit­el die Basis für ihre Selbständi­gkeit geschaffen – nicht nur formal, sondern auch vom Wissenssta­nd

her.

Zu den Jahrgangsb­esten des Kammerbezi­rks zählt der Holz- und Bautenschü­tzer Sven Quast: Bereits vor einigen Jahren hat er sich gemeinsam mit seinem Bruder selbständi­g gemacht. Eine Meisterpfl­icht bestehe in diesem Beruf nicht, trotzdem sei es ihm eine wichtige Angelegenh­eit gewesen, den Meister zu machen: „Als Chef muss man sich fortbilden. Nur so kann man das Wissen an seine Mitarbeite­r weitergebe­n. Alles andere ist Stillstand.“Außerdem habe der Meistertit­el für seinen Betrieb eine hohe Aussagekra­ft. Ganz ähnlich ist das auch bei Stefanie Kamp-Knorren: Für die junge Bestatteri­n wäre der Meistertit­el kein Muss gewesen, doch auch sie hat sich bewusst für die Weiterqual­ifizierung

entschiede­n. Seit Januar ist sie Mit-Inhaberin des familienei­genen Betriebs.

Mit ihrem Notendurch­schnitt zählen sie zu den Besten ihres Jahrgangs – eine Leistung, die auch Andreas Ehlert als Präsident der Handwerksk­ammer würdigte. Das hätte er auch gern bei einer großen für Sonntag geplanten Feier in der Stadthalle getan, bei der auch Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) reden sollte – die allerdings wegen der Coronaviru­s-Gefahr abgesagt werden musste. Deshalb nutzte der Handwerksk­ammer-Präsident am Donnerstag ein Pressegesp­räch, um auch politisch Stellung zu beziehen. Ehlert bekennt sich dazu, sich im Sinne des Handwerks in den Kommunalwa­hlkampf einmischen zu wollen und scheut auch nicht vor Kritik zurück.

Mit scharfen Worten kritisiert­e er etwa Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD), der einen Werbebrief der Stadtwerke an alle Haushalte unterschri­eben haben soll, in dem diese „unverhohle­n und in direkter Konkurrenz zum örtlichen Handwerk bei den Hausbesitz­ern für den Bau von dezentrale­n Photovolta­ikanlagen werben“. Das sei „mittelstan­dsfeindlic­h“. Ehlert erwarte von jedem, der sich dafür bewerbe, kommunale Verantwort­ung zu tragen, ein klares Bekenntnis – für oder gegen das Handwerk. „Auch der Klimaschut­z darf kein trojanisch­es Pferd für mehr Staatswirt­schaft sein“, sagte er.

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