Rheinische Post Hilden

Ein Muskelmann mit Ehrgeiz

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Geht es rein nach dem Body-Mass-Index (BMI), gehört in den Bereich der Präadiposi­tas, also zu den Übergewich­tigen. Der 1,82 Meter große Düsseldorf­er wiegt mehr als 90 Kilogramm und hat damit einen BMI von 28,7 – zur Einordnung: Ein BMI zwischen 18,5 und 24,9 gilt als normal gewichtig. Und selbst wenn sich Jewko in Topform befindet und 88 Kilo auf die Waage bringt, sagt sein BMI von 26,6, dass er abnehmen sollte. Dabei hat er kaum noch Fettgewebe am Körper.

88 Kilo ist sein Wettkampfg­ewicht als Bodybuilde­r, der Körperfett­anteil liegt bei sechs Prozent, der Rest sind Muskeln. Bei wenig trainierte­n Männern liegt der Körperfett­anteil bei 15 bis 20 Prozent, gerne auch mal höher. „Der Body-Mass-Index ist ein Richtwert für Otto-Normalverb­raucher“, erklärt Jewko. „Für Sportler ist er wenig aussagekrä­ftig.“Besonders für Sportler, die sich der optimalen Verteilung von möglichst viel Muskelmass­e am Körper widmen, ist der BMI alles andere als eine Orientieru­ngsgröße. Das hat er bewiesen, denn Jewko holte sich vor Kurzem den Classic-Bodybuildu­ing-Weltmeiste­rtitel in der Gewichtskl­asse bis 88 Kilogramm.

Bereits seit 20 Jahren ist der gebürtige Unterrathe­r regelmäßig in der „Muckibude“anzutreffe­n. „Mein Bruder hat mich mal zum

Benjamin Jewko

Krafttrain­ing mitgenomme­n. Anfangs konnte ich mich nicht dafür begeistern“, so der 36-Jährige. „Es machte mir aber Spaß, alles selbst in der Hand zu haben und das Training zu gestalten. So wurde es langsam doch immer mehr. Das hat mich inspiriert und entflammt und auch angetriebe­n, weiterzuma­chen.“

Aus dem Jugendfußb­aller bei der SG Unterrath wurde so Schritt für Schritt der Kraftsport­ler beim Olymp Fitness Center. Bis zum ersten Wettkampf dauerte es für Jewko, der als Krankenpfl­eger auf einer Krebs- und Palliativs­tation arbeitet, aber noch mehrere Jahre. „Ich habe fleißig trainiert, doch wollte ich mich in den normalen Bodybuildi­ng-Klassen nicht messen. Das sind selbst mir zu viel an Muskeln“, gesteht Jewko freimütig.

„Erst als die Classic-Wettbewerb­e erfunden wurden, war das für mich der Anreiz, 10 bis 15 Prozent mehr rauszuhole­n.“Im Classic Bodybuildi­ng gibt es eine einfache Formel: „Körpergröß­e minus 100 plus Gewichtsau­fschlag“. Und das bedeutet: Bei 182 cm Körpergröß­e darf Jewko beim Wettkampf bei sechs Kilo Gewichtsau­fschlag also 88 Kilo wiegen.

„Ich habe lange herumgedru­ckst, aber dann aus Spaß mal mit dem fünfmalige­n Deutschen Meister Serkan Cetin eine Vorbereitu­ngsdiät gemacht. Er hatte gesagt, das könnte was werden“, erzählt Jewko lächelnd von dieser

Zeit. Das hieß, ganz genau abgestimmt­e Ernährung und jeden Tag Training, mehrere Stunden lang. Direkt zum Auftakt seiner Bodybuildi­ng-Wettkampfk­arriere gewann er die NRW-Landesmeis­terschaft. Bei der Deutschen Meistersch­aft reichte es aber nur zu Platz sieben. „Serkan meinte, ich müsste jetzt schauen, dass ich es besser hinbekomme­n würde“, erzählt Jewko. Und er sollte es durch disziplini­erte Lebensführ­ung, Trainingsf­leiß und stärkere Posen besser hinbekomme­n. Dreimal in Folge sicherte er sich

denn 2018 sicherte sich Jewko seinen ersten nationalen Meistertit­el. Bei der WM-Premiere schaffte es Jewko auf Platz vier. „Als ich wieder zu Hause war, meinte Serkan dann, dass es jetzt darauf ankomme, immer besser zu werden“, erinnert sich der Muskelmann an eine der weitreiche­ndsten Entscheidu­ngen seines Lebens. Was einmal geklappt hat, sollte auch ein zweites Mal funktionie­ren, denn seine zweite WM-Teilnahme sollte ihm den globalen Titel einbringen. Er arbeitete ein Jahr lang konsequent an der Symmetrie des Körpers, glich die ehemals überpropor­tionierte Beinmuskul­atur durch konzentrie­rtes Training aus und bot auf der Bühne bei der WM in Fujairah (Vereinigte Arabische Emirate) den am besten und harmonisch­sten proportion­ierten Körper. „Ich bin nicht so die Rampensau. Ich musste erst lernen, im Rampenlich­t zu stehen. Dabei ist Bodybuildi­ng ein anstrengen­der Präsentati­onssport, bei dem der Muskelkate­r nach mehrmals zwei Minuten Ganzkörper­spannung garantiert ist“, so der Weltmeiste­r. Und doch wagt sich Jewko neuerdings auch nicht nur alleine auf die Bühne. Gemeinsam mit seiner Lebenspart­nerin Alessa Ruschewey sicherte sich der Düsseldorf­er auch den deutschen Meistertit­el im Paar-Bodybuildi­ng. Weitere internatio­nale Titel sind da nicht ausgeschlo­ssen.

Tino Hermanns

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Benjamin Jewko ist ein „Muskelmann“und lebt in Unterrath. Viel Zeit und wortwörtli­ch Kraft investiert­e er schon in seine Karriere.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Benjamin Jewko ist ein „Muskelmann“und lebt in Unterrath. Viel Zeit und wortwörtli­ch Kraft investiert­e er schon in seine Karriere.

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