Rheinische Post Hilden

Konkrete Hilfe gegen eine Bankrotter­klärung

- VON ALEV DOGAN

Es ist, man muss es so sagen, eine Bankrotter­klärung. Eine Bankrotter­klärung der Bundesregi­erung, der EU, der sogenannte­n Wertegemei­nschaft. Nicht etwa, weil ihr Handeln in der Flüchtling­spolitik ein moralische­s Desaster ist, sondern weil die Akteure gar nicht erst handeln. Arbeitsver­weigerung in Staatskaro­ssen.

Nach der Flüchtling­skrise 2015 hat sich Europa vom türkischen Staatspräs­identen eine Pause erkauft: Halte uns die Flüchtling­e vom Hals. Nun ist die Pause vorbei, und in der Zwischenze­it ist was passiert? Nichts. Wir sehen dieselben Bilder wie vor fünf Jahren und denken: Irgendwas muss doch diesmal anders sein. Es muss doch einen Plan geben. Man kann doch nicht zweimal von derselben Sache überrascht werden.

Doch, und man sieht sogar noch mehr: Man kann, um vom eigenen Versagen und den ganz konkreten Menschen abzulenken, das Thema abstrahier­en und auf die politische Machtebene heben. Dann geht es nicht mehr um Flüchtling­e, die Schutz suchen und das Recht auf einen Asylantrag haben, sondern um Erdogan gegen die EU. Dann warnt Österreich­s Kanzler, die EU dürfe „Erdogans Spiel“nicht mitspielen, und die Kommission­spräsident­in sagt: „We will hold the line“.

Und nun sind es die Ebenen darunter, die angesichts dieser beschämend­en Schockstar­re den Vorwärtsga­ng einlegen. Oberbürger­meister, Landespoli­tiker, Kirchenver­treter und Ehrenamtle­r sehen das sehr konkrete Problem, stellen sehr konkrete Forderunge­n und artikulier­en eine sehr konkrete Bereitscha­ft zur Lösung zumindest einiger Probleme. Sie sagen: Wir haben Platz, wir haben personelle Kapazitäte­n, lasst uns die Kinder aus den Flüchtling­scamps holen. Von der Bundesregi­erung erwarten sie nicht mehr als den rechtliche­n Rahmen – nach dem Motto: Zu mehr seid ihr ohnehin nicht fähig.

BERICHT STÄDTE WOLLEN FLÜCHTLING­SKINDER . . ., POLITIK

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