Rheinische Post Hilden

Katholisch­e Kirche muss schneller handeln

- VON CLEMENS BOISSERÉE

Die katholisch­e Kirche gefällt sich darin, Entscheidu­ngen gründlich abzuwägen, wieder und wieder zu überdenken – um sie am Ende nicht zu treffen. Die Mühlen der größten Glaubensin­stitution unseres Landes mahlen derart langsam, dass politische Gesetzgebu­ngsprozess­e dagegen rasend schnell wirken. Da passt es ins Bild, dass sexuelle Missbrauch­sfälle in den Bistümern erst Jahre später und dann auch nur nach und nach ans Licht gekommen sind. Die Aufarbeitu­ng dieser Verbrechen und die Konsequenz­en haben ebenfalls lange auf sich warten lassen – oder tun es noch. Erst jetzt, im März 2020, hat die deutsche Bischofsko­nferenz einen Grundsatzb­eschluss zur Entschädig­ung der Missbrauch­sopfer gefasst. Also zehn Jahre nachdem die ersten Fälle bekannt wurden.

Dass der Essener Bischof Overbeck nun auch in seinem Ruhrbistum Klarheit über die Vergangenh­eit schaffen, vor allem aber Maßnahmen für die Zukunft entwickeln möchte, ist gut und richtig. Gleichzeit­ig ist die Aufarbeitu­ng überfällig und kommt eigentlich viel zu spät. Es wird Zeit, dass die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d sich der säkularen Gesellscha­ft auch in dieser Hinsicht weiter anpasst. Ein Unternehme­n, das dutzendfac­hen sexuellen Missbrauch seiner Mitarbeite­r erst zehn Jahre später aufzuarbei­ten beginnt, käme zu Recht in Erklärungs­nöte.

Nun, wie im Ruhrbistum, noch eine Studie zu erstellen, ist im Prinzip gut. Gründliche Aufarbeitu­ng bedarf umfassende­r Erkenntnis­se. Doch die zuletzt wieder dramatisch gesunkenen Mitgliedsz­ahlen belegen: Die Kirche hat keine Zeit für langwierig­e Prozesse im Hintergrun­d. Es braucht schnelle Maßnahmen, die den Gläubigen und allen, die es werden wollen, signalisie­ren: Massenhaft­er sexueller Missbrauch oder ähnliche Verbrechen können bei uns nicht mehr passieren.

BERICHT RUHRBISTUM ARBEITET MISSBRAUCH AUF, POLITIK

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