Macron verleidet den Franzosen das Rauchen
Bis zu elf Euro für eine Schachtel Zigaretten: Frankreichs Regierung fährt einen rigiden Kurs. Die Tabakbauern warnen vor dem Ende einer Ära.
PARIS Für die Raucher in Frankreich haben teure Zeiten begonnen. Zehn Euro kostet seit Anfang März eine Packung Marlboro, die mit Abstand meistverkaufte Marke im Land. Damit ist eine symbolische Schallmauer durchbrochen. Allerdings hat sich die Entwicklung schon seit längerer Zeit angekündigt – und das Ganze lässt die Franzosen deshalb überraschend kalt. Die aktuelle Steigerung um 50 Cent ist die zehnte Preiserhöhung seit dem Amtsantritt von Präsident Emmanuel Macron im Jahr 2017. Macron hat sich dem Kampf gegen das Rauchen verschrieben, und der Erfolg scheint ihm recht zu geben: In den vergangenen zwei Jahren ist die Zahl der verkauften Zigaretten von 44,3 Milliarden auf 37,3 Milliarden gesunken.
Diese Zahlen seien aber mit größter Vorsicht zu genießen, warnt Philippe Coy, Präsident der Vereinigung der Tabakwarenhändler: „Man muss die Zahlen in Relation sehen mit dem Parallel- und dem Schwarzmarkt, der sich entwickelt hat.“Allein im Jahr 2018 haben die französischen Zollbeamten bei Kontrollen an den Grenzen 50 Prozent mehr Zigaretten gefunden. Vor allem in Richtung Luxemburg, wo eine Packung
Glimmstängel rund die Hälfte kostet, hat sich ein regelrechter Zigarettentourismus entwickelt. Die Regierung in Paris will sich ihren Erfolg allerdings nicht zerreden lassen und hält dagegen, dass auch die Zahl der Raucher von 26,9 Prozent im Jahr 2017 auf 25,4 Prozent ein Jahr später zurückgegangen sei.
Unterstützung bei ihrem Kampf gegen die Nikotinsucht bekommt die Regierung von den Ärzten. Die gehen davon aus, dass in Frankreich jedes Jahr 75.000 Menschen an den Folgen des Rauchens sterben. Die Schockbilder auf den Zigarettenpackungen hätten zwar ihre Wirkung nicht verfehlt, aber wesentlich durchschlagender sei die Erhöhung des Preises, erklärten die Mediziner. Anders als von vielen Kritikern prophezeit, sprudeln auch die Steuereinnahmen
trotz des zurückgehenden Konsums munter weiter. 2017 nahm der Staat noch 11,6 Milliarden Euro an Tabaksteuer ein, im Jahr 2019 waren es 12,6 Milliarden. Hinzu kommen noch einmal mehr als drei Milliarden Euro Mehrwertsteuer.
Inzwischen melden sich aber Stimmen, die daran erinnern, dass das Rauchen und vor allem der Tabakanbau auch Teil der französischen Kultur seien. Im vergangenen Jahr hat der letzte tabakverarbeitende Betrieb in Sarlat-la-Canéda an der Dordogne im Südwesten Frankreichs seine Tore geschlossen. Parallel dazu sinke die Zahl der Tabakanbauer, sagt deren Präsident François Vedel und warnt vor dem Aussterben eines ganzen Berufszweiges.
In den 70er Jahren, als das Rauchen von Gauloises (heute 10,60
Euro) und Gitanes (11 Euro) zum Lebensgefühl eines Franzosen gehörte, bauten noch 41.000 Tabakbauern im Land ihre Pflanzen auf 20.000 Hektar an und ernteten 46.000 Tonnen. Heute, so rechnet François Vedel vor, würden noch 7000 Tonnen pro Jahr eingefahren. Entsprechend dramatisch sei die Anbaufläche der verbliebenen 670 Tabakbauern geschrumpft.
Die Tabakwarenhändler fordern inzwischen, dass die Preise für Zigaretten in den kommenden zwei Jahren eingefroren werden. Davon will die Politik aber nichts wissen. Die nächste Erhöhung steht bereits für kommenden November ins Haus. Macht die Regierung in diesem Tempo weiter, dürfte eine Packung im Jahr 2025 im Durchschnitt etwa 15 Euro kosten.