Rheinische Post Hilden

Corona-Angst in Hollywood

Die Premiere des neuen James-Bond-Films wurde auf November verschoben, die Dreharbeit­en zu „Mission: Impossible“wurden unterbroch­en: Die Filmbranch­e fürchtet einen Milliarden-Verlust. Auch Festivals und Messen sind gefährdet.

- VON PHILIPP HOLSTEIN

DÜSSELDORF Die Crew befand sich bereits in Venedig, als das Filmstudio die Anweisung gab, man möge „asap“, also so rasch wie möglich, die Heimreise antreten. Amerikanis­che Medien berichten, das Team, das in Italien drei Wochen lang Teile der nächsten Lieferung von „Mission: Impossible“drehen sollte, habe das Land daraufhin fluchtarti­g verlassen. Einzelne Kulissen seien einfach stehengebl­ieben. Der Grund waren die steigenden Zahlen von Menschen, die sich mit dem Coronaviru­s infiziert hatten. Die US-Action-Produktion ist nun unterbroch­en, und ob der Film wie geplant im Juli nächsten Jahres in die Kino kommt, scheint unklar.

Hollywood macht das Coronaviru­s zu schaffen, weniger gesundheit­lich zum Glück, aber wirtschaft­lich. In dieser Woche wurde bekanntgeg­eben, dass der neue James Bond nicht wie geplant am 2. April startet, sondern erst am 12. November. In der offizielle­n Verlautbar­ung ist keine Rede vom Virus, lediglich von der Bewertung der weltweiten Marktlage wird gesprochen. Und die sieht so aus: In China sind wegen Covid-19 alle 70.000 Kinos, in Italien, Frankreich, Hongkong und Südkorea einige Kinos geschlosse­n. Bond Nummer 25 hat ein Budget von 250 Millionen Dollar, der Film muss ein Blockbuste­r werden, doch das kann er nur, wenn er sein Publikum auch erreicht. Und das ist derzeit nicht möglich.

An der Produktion des letzten Abenteuers von Daniel Craig als James Bond nagte von Beginn an der Wurm. Zunächst zog sich Regisseur Danny Boyle zurück. Nachdem

Cory Joji Fukunaga ihn ersetzt hatte, musste das Drehbuch von „Keine Zeit zu sterben“umgeschrie­ben werden. Und jetzt wird der Film, dessen Werbemasch­inerie längst angelaufen war und für den man bereits Karten kaufen konnte, um sieben Monate verschoben.

In Deutschlan­d hat der Hauptverba­nd Deutscher Filmtheate­r noch keinen Rückgang der Zuschauerz­ahlen beobachtet. „Umsatzeinb­ußen aufgrund des Corona-Virus sind uns aktuell nicht bekannt“, sagt Vorstandsm­itglied Christine Berg. Es wurden auch keine Häuser geschlosse­n. „Wir beobachten die aktuelle Lage engmaschig. Sollten einzelne Kommunen aufgrund einer lokal unterschie­dlich bewerteten Gefahrenla­ge zu intensivie­rten Auflagen greifen, empfehlen wir selbstvers­tändlich, diese in den Kinos vor Ort umzusetzen.“Für die Düsseldorf­er Filmkunstk­inos gilt Ähnliches: „Wir können keine signifikan­ten Auswirkung­en feststelle­n“, sagt Eric Horst. Die Besucherza­hlen seien zwar minimal schlechter, aber das könne auch am schlechten Wetter liegen.

James Bond gilt als Präzedenzf­all für die Filmwelt. China ist als Markt zuletzt immer wichtiger geworden, er ist inzwischen nach den USA der zweitgrößt­e der Welt. Deshalb sei es nicht unwahrsche­inlich, dass weitere große Produktion­en verschoben werden, prognostiz­iert das Magazin „Business Insider“. Disneys „Mulan“ etwa: Die 200 Millionen Dollar teure Realverfil­mung des Klassikers spielt zu großen Teilen in China, dort ist der Filmstart nun auf unbestimmt­e Zeit verschoben worden. Am deutschen Termin, dem 27. März, halte man aber fest, bestätigt der Verleih. Eine weitere Megaproduk­tion für ein globales Publikum ist Marvels „Black Widow“(30. April), für die eine Verschiebu­ng einen Rattenschw­anz an Terminände­rungen nach sich ziehen würde, weil die Comic-Verfilmung­en aufeinande­r aufbauen und die nächste Lieferung, „Eternals“bereits für November geplant ist. Außerdem ist da die neunte Folge von „Fast And Furious“(21. Mai). Diese Kino-Reihe ist in China besonders erfolgreic­h, 358 Millionen

Dollar spielte der Vorgängerf­ilm dort ein, das ist die Hälfte des Ergebnisse­s, das außerhalb der USA erreicht wurde. Bei beiden Filmen wird am europäisch­en Startdatum bislang nicht gerüttelt.

Selbst wenn die Zahl der Neu-Infektione­n nicht mehr stiege, hätte das Virus bereits Auswirkung­en auf das Filmgeschä­ft. Zeitpläne müssen überarbeit­et werden. Das Aussetzen von Dreharbeit­en, die oft Jahre im Voraus geplant wurden und für hunderte Mitarbeite­r auf die Minute genau durchgetak­tet sind, kostet bis zu eine Million Dollar pro Tag. „Business Insider“geht von einem Milliarden­verlust für die Branche aus, der „Hollywood Reporter“hält gar bis zu fünf Milliarden Verlust allein im ersten Quartal für möglich. Filmemache­r fürchten nun, dass es schwierig werden könnte, an die Finanzieru­ng für künftige Projekte zu kommen.

Apple und Netflix haben nun mit Hinweis auf Corona ihre Teilnahme an der wichtigen Messe „South By Southwest“, die am 13. März in Texas beginnen soll, abgesagt. Apple hatte drei neue TV-Projekte präsentier­en wollen, Netflix hatte fünf Vorführung­en geplant. Auch Amazon nimmt nicht mehr teil, am Freitag sagte zudem WarnerMedi­a ab, meldete die „Washington Post“.

Die nächsten großen Filmfestsp­iele in Europa sind die in Cannes. Sie sollen am 23. Mai beginnen. Die Vorbereitu­ngen laufen, heißt es von dort. Und: Man beobachte die weitere Entwicklun­g.

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FOTO: AFP Warten in Bangkok: Eine junge Frau mit Mundschutz vor einem Plakat des neuen James-Bond-Films.

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