Hilden droht die Haushaltssicherung
Hilden fehlen so viele Millionen wie noch nie. Viele Stadtverordnete lehnen die Sparvorschläge der Verwaltung ab. Ohne Gegenfinanzierung kann der Etat im März nicht verabschiedet werden, warnt die Kämmerin.
HILDEN Die Fastenzeit hat begonnen. Passend dazu beraten die Fraktionen den städtischen Doppelhaushalt 2020/21. Die meisten Stadtverordneten wollen im Kommunalwahljahr von Verzicht allerdings nichts wissen und lehnen die allermeisten Sparvorschläge der Verwaltung ab. Man müsse „alle Produktbereiche systematisch“überprüfen, sagt die CDU. Weil das so komplex sei, brauche man dafür aber mehr Zeit. Die Grünen möchten eine Kommission einsetzen, die den Haushalt auf Sparmöglichkeiten abklopft und würden dafür 110.000 Euro bereitstellen.
Beobachter haben den Eindruck: In diesem Jahr wird nichts passieren, Sparbeschlüsse sollen erst im kommenden Jahr gefasst werden. Jetzt kommt alles auf die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 11. März an. Durch die Beschlüsse in den Fachausschüssen ist das von der Kämmerin geplante Defizit von sechs Millionen Euro in diesem Jahr inzwischen auf 7,5 Millionen Euro gestiegen (und von 6,2 auf 9,3 Millionen Euro in 2021).
„Wenn es dabei bleibt, kann der städtische Haushalt nicht beschlossen werden“, sagt Kämmerin Anja Franke: „Ohne Gegenfinanzierung von mindestens 1,5 Millionen Euro müssen wir ein Haushaltssicherungskonzept vorlegen.“Dann verliert die Stadt ihre Finanzhoheit und muss sich jede Ausgabe vom Kreis als Aufsichtsbehörde genehmigen lassen.
Das bedeutet: Die Zeit, die sich die Politik fürs Sparen nehmen möchte, ist faktisch nicht da. Aber die so genannte Ausgleichsrücklage ist doch aktuell noch mit 12,8 Millionen Euro gefüllt? Das sei richtig, aber die Kommune müsse eine ganze Reihe von gesetzlichen Vorgaben beim Haushalten einhalten, so Franke. Verkürzt ausgedrückt: Der städtische Haushalt muss auch mittelfristig ausgeglichen sein. Und danach sieht es eben nicht aus.
Wie könnte denn eine Gegenfinanzierung aussehen? Zum Beispiel durch eine Erhöhung der Grundsteuer von 480 auf 540 Prozentpunkte. Das haben Kämmerin und Fraktionen bislang ausgeschlossen.
Oder durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer von 400 auf 415 Prozentpunkte: Das schlagen die Grünen vor. Sie argumentieren: Die Erhöhung entspreche nur den fiktiven Steuersätzen. Das sind die Werte, die das Land bei der Berechnung von Schlüsselzuweisungen heranzieht. Danach rechnet das Land Hilden reicher als es tatsächlich ist. Durch die niedrigen Steuersätze entgehen der Stadt nicht nur Steuereinnahmen, argumentieren die Grünen. Zugleich werde Hilden mit geringeren Zuweisungen vom Land zusätzlich „bestraft“. Mit ihrem Vorschlag stehen die Grünen allerdings ziemlich alleine da, obwohl er der Stadt rund zwei Millionen Euro zusätzlich an Einnahmen verschaffen würde.
Alternativ könnte die Stadt Hilden Holding GmbH mehr Gewinn an die Stadt ausschütten. Dort ist der Erlös aus dem Stadtwerke-Anteile-Verkauf geparkt. Das waren mal 30 Millionen Euro. Inzwischen hat die Holding Stadtwerke-Anteile zurückgekauft. Rund zehn Millionen Euro sind noch da. Die Kämmerin hat in ihrem Haushaltsentwurf bereits 1,5 Millionen Euro pro Jahr von der Holding ab 2020 fest eingeplant. Für entnommene Gewinne wird allerdings Kapitalertragssteuer fällig. Das heißt: Ein Teil des Stadtwerke-Erlöses müsste dann dem Finanzamt überwiesen werden. Wenn die Politik das ablehnt (und danach
sieht es aus), müssten 1,5 Millionen Euro pro Jahr gegenfinanziert werden, um einen Nothaushalt zu verhindern.
Dritte Möglichkeit: Die Kommune erhöht Gebühren und Entgelte, die sie selbst bestimmen kann. Das sieht die Gemeindeordnung ausdrücklich vor. Man könnte eine Nutzungsgebühr für Sportstätten einführen und die Gebühren für Musikschule, Volkshochschule, Stadtbücherei oder fürs Parken erhöhen. Dafür gibt es kurz vor der Kommunalwahl aber wohl keine Mehrheit.
Vierte Möglichkeit: Die Stadtverordneten beauftragen die Verwaltung, mindestens 1,5 Millionen Euro (oder auch mehr) im städtischen Haushalt zu sparen, um ein Haushaltssicherungskonzept zu verhindern. „Globaler Minderaufwand“heißt das fachsprachlich. Schließlich wissen die Fachleute im Rathaus am besten, wo man noch was abknapsen kann. Dieses Verfahren hat den Vorzug, dass die Politik außen vor ist und der Schwarze Peter bei der Verwaltung liegt.