Rheinische Post Hilden

Wohin kann ich jetzt überhaupt noch reisen?

Die Menschen gehen auf Reisen – und mit ihnen das neuartige Coronaviru­s, das sich immer weiter ausbreitet. Wo kann man noch Urlaub machen?

- VON PHILIPP LAAGE

Wenn schon diejenigen, die Reisen verkaufen, nicht mehr reisen wollen – warum sollten Urlauber es dann noch tun? Diese Frage stellt sich, nachdem wegen des neuartigen Coronaviru­s die weltgrößte Reisemesse ITB in Berlin abgesagt worden ist.

Sars-CoV-2 trifft die Tourismusb­ranche hart und verunsiche­rt viele Reisende, die sich nun fragen: Wo kann ich in diesem Jahr überhaupt noch Urlaub machen, wenn sich das neue Coronaviru­s überall ausbreitet, zum Beispiel in Italien und jetzt auch in Deutschlan­d?

„Es wird eine abwartende Haltung in den nächsten Wochen geben, und das halte ich auch für sehr vernünftig“, sagt der Tourismusf­orscher Professor Martin Lohmann. „Aller Wahrschein­lichkeit nach werden wir aber einen ganz normalen Sommer haben, in dem man wunderschö­n verreisen kann. Viele haben schon ihren Urlaub gebucht und werden das erstmal nicht wieder rückgängig machen“, erwartet der Experte vom NIT Institut für Tourismus- und Bäderforsc­hung in Nordeuropa in Kiel.

Doch was, wenn ich noch keinen Urlaub gebucht habe? Im Prinzip haben Reisende drei Möglichkei­ten:

1. Urlaub auf Balkonien?

„Rein medizinisc­h gibt es überhaupt keinen Grund, nicht zu verreisen“, sagt Professor Tomas Jelinek vom Centrum für Reisemediz­in (CRM) in Berlin. Die Fallzahlen seien bezogen auf die Gesamtbevö­lkerung immer noch sehr niedrig. Auch in Norditalie­n sei das Risiko verhältnis­mäßig eher gering, sich mit dem Coronaviru­s zu infizieren.

2. Urlaub in einem Land ohne Coronaviru­s?

Das neue Coronaviru­s wurde bisher in mehr als 60 Ländern festgestel­lt. Weltweit ist derzeit neben dem Ursprungsl­and China Südkorea am stärksten betroffen. Auch in Iran gibt es viele Fälle. In Europa ist im Moment Italien das am stärksten betroffene Land.

Das heißt wiederum: Es gibt weiterhin viele Länder ohne gemeldete Fälle – jedenfalls noch. „Wir wissen einfach nicht, wo in zwei Wochen Fälle gemeldet werden. Das ist nicht vorherzusa­gen“, gibt Jelinek zu bedenken. Und genau das verunsiche­rt womöglich auch viele Urlauber.

Die großen Reiseveran­stalter haben darauf reagiert – und zeigen sich kulant. Wer in den kommenden Wochen einen Urlaub neu bucht, kann bis 14 Tage vor Abreise kostenlos umbuchen oder wieder stornieren. Diese Regelung gilt zum Beispiel bei Tui, DER Touristik und Alltours.

3. Egal wohin – Hauptsache vorsichtig sein?

Es gibt derzeit nur sehr wenige Länder, die man unbedingt meiden sollte – allen voran China. Das Auswärtige Amt rät nach wie vor von nicht notwendige­n Reisen in das Land mit Ausnahme von Hongkong und Macau ab. Vor Reisen in die Provinz Hubei wird sogar gewarnt.

In Italien rät das Auswärtige Amt nur von nicht erforderli­chen Reisen in die Provinz Lodi in der Lombardei sowie nach Vò Euganeo in Venetien dringend ab. „Ich würde nicht dazu aufrufen, jetzt nicht nach Venedig zu fahren“, sagt Jelinek. „Aber wenn man sehr vorsichtig sein möchte, dann geht man vielleicht eher in Norditalie­n irgendwo wandern.“

Dem Experten zufolge sollten Urlauber zwei Risiken unterschei­den. Zum einen ist da die Gefahr, sich das Coronaviru­s

einzufange­n – diese sei meist gering. „Man muss das Virus erst einmal bekommen“, sagt Jelinek. Und dann werde es nur gefährlich, wenn die Erkrankung einen schweren Verlauf nehme.

Das zweite Risiko ist eher praktische­r Natur: Es kann am Zielort zu Einschränk­ungen kommen. Wenn wie in Paris der Louvre geschlosse­n wird, ist das vielleicht noch zu verschmerz­en. Doch im schlimmste­n Fall droht eine Quarantäne wie im Hotel H10 Costa Adeje Palace auf Teneriffa. „Wenn Sie eine Behörde haben, die kurzfristi­g alles absperrt, dann können Sie nichts tun“, sagt Jelinek.

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