Im Wirrwarr der Corona-Hilfen
Kredite in unterschiedlichen Höhen mit Staatsgarantien, Sofortzuschüsse von Bund und Land – die Hilfen sind vielfältig. Dennoch drohen manche Firmen durch den Rost zu fallen. Deshalb soll jetzt nachgebessert werden.
DÜSSELDORF Die Corona-Krise bringt viele Unternehmen in Deutschland in Existenznot. Im Dschungel der Hilfsprogramme kann man leicht den Überblick verlieren. Welche Hilfe gilt für wen? Warum fallen manche trotzdem durch den Rost? Ein Überblick.
Soforthilfen von Bund und Land
Zuschusshöhen: Sie richtet sich nach der Größe des Unternehmens. 9000 Euro vom Bund gibt es für antragsberechtigte Solo-Selbstständige und Antragsberechtigte mit bis zu fünf Beschäftigten, 15.000 Euro bekommen Unternehmen mit einer bis zu zehnköpfigen Belegschaft vom Bund; 25.000 Euro erhalten Antragsberechtigte mit bis zu 50 Beschäftigten vom Land NRW. Mit einer Soforthilfe von zunächst fünf Millionen Euro unterstützt die Landesregierung freischaffende, professionelle Künstler, die durch die Absage von Engagements in finanzielle Engpässe geraten. Sie erhalten eine Einmalzahlung bis zu 2000 Euro.
Beteiliungskapital: Kleine Unternehmen und Existenzgründer können ohne Sicherheiten aus dem Mikromezzaninfonds Beteiligungskapital bis 75.000 Euro direkt bei der Kapitalbeteiligungsgesellschaft (KBG) in Neuss beantragen.
Kredite: Die Bürgschaftsbank gewährt zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen bis 2,5 Millionen Euro; aus dem Landesbürgschaftsprogramm kommen 2,5 Millionen Euro oder mehr, auch für Großunternehmen. Die Bürgschaftsbank ermöglicht eine 72-Stunden-Expressbürgschaft für bis zu 250.000 Euro, beim Landesbürgschaftsprogramm wird eine Bearbeitung innerhalb einer Woche angestrebt.
Ausnahmen: Das NRW-Wirtschaftsministerium prüft noch, in welchen Fällen Unternehmern ohne Anspruch geholfen werden kann. „Wir arbeiten derzeit an einer Regelung die es ermöglichen soll, in Ausnahmefällen auch Menschen zu unterstützen, die nach dem Stichtag 31. Dezember des vergangenen Jahres mit ihrem Unternehmen gestartet und nun unverschuldet in eine Notlage geraten sind“, sagte ein Ministeriumssprecher. Dies trifft vor allem Gründer, die erst in jüngster Zeit an den Start gegangen sind.
Nachträgliche Prüfung: Im Nachgang zur Coronakrise werden die gezahlten Soforthilfen noch einmal geprüft. Erstens durch den Empfänger, der nach Ablauf des dreimonatigen Bewilligungszeitraums selbst prüfen soll, ob er mehr Geld bekommen hat, als er nötig gehabt hätte, und überschüssige Beiträge zurückzahlen muss; zweitens durch das Finanzamt, das bei der Steuererklärung die Plausibilität prüft; drittens stichprobenartig durch die Bewilligungsbehörden,
den Landesrechnungshof, den Bundesrechnungshof, das Bundeswirtschaftsministerium und die EU-Kommission.
Strafbarkeit: Firmen, die im Antrag bewusst falsche Angaben machen, könnten sich strafbar machen. Der Tatbestand wäre Subventionserschleichung. Dieser Hinweis ist laut Wirtschaftsministerium im Antrag ausdrücklich enthalten. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
Fallstricke: Es gibt Fälle, in denen der Antragsteller unbewusst das Falsche tut. „Bei der Beantragung der Soforthilfe gilt auf jeden Fall Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, sagt der Steuerberater Christoph Taake aus der Hamburger Kanzlei Wiede. Online-Formulare ließen sich zwar innerhalb weniger Minuten ausfüllen, aber: „Man muss im Vorfeld sehr genau prüfen, ob man überhaupt Anspruch hat, sonst folgt das böse Erwachen in ein paar Monaten bei der Prüfung der Steuererklärung. Schlimmstenfalls hätte man sich des Subventionsbetrugs strafbar gemacht.“Viele beachteten nicht, dass sie zunächst die Liquiditätsreserven ausschöpfen müssten, so Taake. „Das heißt etwa, dass zunächst das Geld auf einem betrieblichen Bankkonto aufgebraucht und auch der Dispokredit ausgeschöpft sein muss, ehe man Hilfen beanspruchen kann.“
KfW-Hilfen
Kreditbetrag: Je nach Größe des Unternehmens gibt es verschiedene Möglichkeiten. Laut der staatlichen Förderbank KfW beträgt der Höchstbetrag ein Viertel des Umsatzes im vergangenen Jahr, das Zweifache der Lohnkosten 2019 oder den Finanzierungsbedarf für die nächsten 18 Monate bei kleinen und mittlere Unternehmen beziehungsweise zwölf Monate bei großen Unternehmen. Möglich ist der höchste Betrag aus einem der drei Kriterien.
Problemkandidaten: Trotz der Vielzahl an Hilfsprogrammen gibt es Unternehmen, die nirgendwo wirklich fündig werden. Unternehmen, die nach Einschätzung von Sparkassenpräsident Helmut Schleweis einen Kredit nicht innerhalb der nächsten fünf Jahre zurückzahlen könnten. Ihnen würde auch nicht die bisherige KfW-Haftung von 80 oder 90 Prozent bei einem Kreditausfall helfen, weil Banken und Sparkassen die restlichen zehn Prozent mitunter nicht absichern wollen oder können. Jetzt will der Bund dem Druck aus der Geldwirtschaft offenbar nachgegeben und eine 100-Prozent-Haftung durch die KfW vor allem für Mittelständler in Aussicht stellen. Von denen sind viele wegen der massiven Krisenfolgen gar nicht mehr kreditwürdig.
Geplante Nachbesserungen
Gutscheinlösung: Sie könnte für Reiseveranstalter, Fluggesellschaften und Konzertveranstalter gelten. Für abgesagte Reisen oder Konzerte müssten die Veranstalter dann nicht sofort dem Kunden das Geld erstatten.
Kredite: Im Gespräch sind unter anderem zinslose Kredite in der Höhe von drei Monatsausgaben (höchstens 500.000 Euro pro Firma).
Kreditprüfungen: Verbände kritisieren, die Kreditprüfungen dauerten oft zu lange. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) forderte die Hausbanken auf, keine zu hohen Anforderungen an Kredite für kleine Firmen zu stellen. Die Volksbanken widersprachen: Man werde nicht die von der Aufsicht vorgegebenen Anforderungen oder die kaufmännische Sorgfalt über Bord werfen.