So lief der Betrug bei den Corona-Soforthilfen
Cyberkriminelle haben mit gefälschten Daten betrogen. Der Schaden ist offen – genauso wie die Frage, wann wieder gezahlt wird.
DÜSSELDORF Die Corona-Soforthilfen des Landes Nordrhein-Westfalen hatten vor allem ein Ziel: Sie sollten schnell und unbürokratisch erfolgen, damit Kleinunternehmer und Selbstständige so schnell wie möglich Geld bekommen. Schließlich ist die finanzielle Not bei vielen von ihnen gewaltig.
Jetzt bewirkt eine Betrugsmasche bei der Antragstellung genau das Gegenteil. Nach der Aufdeckung von Betrugsversuchen über mindestens drei Websites im Ausland hat NRW nicht nur die Auszahlung von Soforthilfen vorübergehend gestoppt, sondern auch die Bewilligungen ausgesetzt und die Soforthilfe-Seiten bis auf Weiteres vom Netz genommen. Damit ist kein Neuantrag mehr möglich. Eingegangene Anträge werden aber weiterhin geprüft. Derweil ist eine Ermittlungskommission des Landeskriminalamtes (LKA) aus Experten für Cyber- und
Wirtschaftskriminalität den Tätern auf der Spur.
Zuvor war bekannt geworden, dass Kriminelle über gefälschte Websites Daten von Antragstellern abgegriffen und deren Anträge mit falschen Kontoverbindungen an das NRW-Wirtschaftsministerium weitergeleitet hatten. Die Seiten sollen laut LKA durch Anzeigen prominent bei Suchmaschinen platziert worden sein. Rund 3500 bis 4000 Antragsteller sind nach den bisherigen Erkenntnissen betroffen. Sie können, sobald das Verfahren wieder läuft, ihre Anträge erneut stellen. Über mögliche Schäden ist noch nichts bekannt.
Wie geht es nun weiter? „Die Ermittler, die Bezirksregierungen und das Wirtschaftsministerium arbeiten mit Hochdruck daran, die große Mehrheit der redlichen Antragsteller, die auf ihre Auszahlung warten, und die Betrugsfälle voneinander zu trennen. Dabei wird uns ein Datencheck mit der Finanzverwaltung
helfen“, erklärte das Ministerium am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion. Wann genau wieder eine Auszahlung stattfinde, könne man noch nicht sagen. „In der Woche nach Ostern wollen wir das Online-Antragsverfahren mit zusätzlichen Sicherheitsprüfungen, die im Hintergrund laufen, wieder aufnehmen“, heißt es.
Ob das nur geringfügige oder größere Veränderungen am aktuellen Verfahren bedeutet, bleibt damit offen. Gleichzeitig wird aus anderen Bundesländern Unverständnis über die Vorgehensweise in Nordrhein-Westfalen laut. Nach Angaben des WDR müssen in den meisten Ländern erst Formulare heruntergeladen werden, die anschließend per E-Mail oder auf dem Postweg zurückgesandt werden müssen. In einigen Ländern sei es zudem notwendig, weitere Unterlagen wie Ausweiskopien oder einen Steuerbescheid einzureichen. Ein einfacher Algorithmus, der Steuernummer und Bankverbindung abgleiche, sei eigentlich unabdingbar, sagen Online-Experten.
Die Reaktion der Betroffenen, die nun länger auf ihr Geld warten müssen, schwankt jedenfalls zwischen Enttäuschung und Unmut. Nachzulesen unter anderem bei Facebook, wo viele klagen, dass sie eh schon lange warten mussten. Eine kleine Auswahl: „Am 27. März Antrag gestellt und immer noch keine Zahlung. Ab nächster Woche zahlungsunfähig, und Wirtschaft NRW und die Bezirksregierung sagen mir: Bitte haben sie noch etwas Geduld!“, „Wirtschaft NRW: Wie ist der Plan?“und „Das war doch klar, dass es zu Betrugsfällen kommen wird. Man hätte vielleicht ein paar Tage mehr investieren können in die Sicherheit als jetzt dieses Drama.“
Da schwingt Verdruss jener mit, die glauben, die rein digitale Lösung sei unter großem öffentlichem Druck mit der heißen Nadel gestrickt worden.