Masken-Wirtschaft
Medizinische Schutzausrüstung ist zur umkämpften Ware geworden. Händler, Behörden und Betroffene ringen um das rare Gut.
gängigen Tarife. Aber die anhaltend hohe Nachfrage treibt weiterhin die Preise. Allein für die rund 150.000 niedergelassenen Kassenärzte in Deutschland ermittelte deren Verband Anfang März einen Bedarf für die kommenden sechs Monate von 54,3 Millionen FFP-Masken sowie fast 115 Millionen einfachen OP-Masken, wie aus einer Mitteilung an das Bundesgesundheitsministerium hervorgeht, aus der die „FAS“zitiert. Und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schätzte den Jahresbedarf für Deutschland jüngst auf zwölf Milliarden Masken.
Die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen balgt sich mit den übrigen Bundesländern, der Bundesregierung, Verbänden und zahllosen Firmen um die begehrten Masken. Um da mithalten zu können, wurden allzu sperrige Vorschriften vorübergehend abgeräumt. „Das Vergaberecht bietet aktuell die Möglichkeit, Leistungen auch oberhalb der Schwellenwerte schnell und verfahrenseffizient in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu vergeben“, teilte das Gesundheitsministerium im schönsten Behördensprech mit. Will heißen: Das eigentlich vorgeschriebene Bieterverfahren kann entfallen, die Beamten dürfen auch direkt mit Anbietern verhandeln.
Dies seien Händler, die sich meist in China eindeckten. Inzwischen hat das Land rund 177 Millionen Schutzmasken bestellt, geliefert wurde bisher aber nicht einmal ein Zehntel davon, rund 15,5 Millionen Stück. Auf eine Schätzung des künftigen Bedarfs wollten sich die Beamten von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann vorsichtshalber nicht festlegen. Dieser sei „abhängig vom weiteren Infektionsgeschehen.“
Die Kriminellen
Als wäre das ungewohnte Geschäft mit den Masken für sie nicht schon schwierig genug, treibt die Mitarbeiter in Staatskanzleien und Ministerien in diesen Tagen auch noch die Sorge um, von Corona-Trittbrettfahrern abgezockt zu werden. Mit „Wild-West-Methoden“müsse man sich herumschlagen, schimpfte Landesgesundheitsminister Laumann Anfang April. Da waren NRW und Bayern beinahe Opfer eines millionenschweren Betrugs mit nicht existenten Atemschutzmasken geworden. Bayerische Ermittler hatten den Coup gerade noch rechtzeitig aufgedeckt. Zwei Vertriebsfirmen mit Sitz in Hamburg und Zürich hatten schon eine Anzahlung von rund 2,4 Millionen Euro an die vermeintlichen Lieferanten geleistet. Als die Masken nicht wie geplant ankamen, erstattete der Geschäftsführer am 30. März Anzeige.
Mehr als zwei Millionen des überwiesenen Geldes seien inzwischen auf Konten im Ausland entdeckt und eingefroren worden, berichtete die zuständige Staatsanwaltschaft Traunstein. Auch Nordrhein-Westfalen hatte schon bezahlt, rund 14,7 Millionen Euro an das Schweizer Vertriebsunternehmen. Davon seien 12,3 Millionen Euro schon wieder zurückbezahlt worden, für den Rest wolle der Zwischenhändler nötigenfalls aufkommen, hieß es.
Immer wieder soll es auch zu Weiterverkäufen bereits fest georderter Masken gekommen sein. So sollten am 20. März sechs Millionen Schutzmasken des Typs FFP2 über Kenia Deutschland erreichen. Doch dort verschwand die wertvolle Ware spurlos. Ähnliches geschah mit einer Bestellung aus Berlin. 200.000 Masken verschwanden am Flughafen Bangkok, auch hier wurde die Ware wohl unter der Hand meistbietend weiterverscherbelt. Und selbst wenn die Masken eintreffen, sind sie nicht immer sicher: In Paderborn stahlen Unbekannte vor einer Woche dem Deutschen Roten Kreuz 3000 Masken.