Rheinische Post Hilden

VfB 03-Stürmer lebt jetzt seinen Traumberuf

Der 29-Jährige Fußballer des Hildener Oberliga-Teams wechselt aus dem Automobilv­erkauf ins Studium an der Sporthochs­chule Köln.

- VON BIRGIT SICKER

HILDEN Für Pascal Weber begann Anfang April ein neues Kapitel in seinem Leben. Denn der Stürmer des VfB 03 Hilden erfüllte sich kurz vor seinem Geburtstag am 19. Mai seinen größten Berufswuns­ch und begann ein Studium an der Sporthochs­chule Köln. Allerdings blieb dem 29-Jährigen aufgrund der Corona-Pandemie der stimmungsv­olle Start ins Studentenl­eben verwehrt. „Schade, die Einführung­swoche für Erstsemest­er fiel aus. In dieser Ersti-Woche soll man Köln kennenlern­en. 300 bis 500 Neue sind normalerwe­ise bei dieser Veranstalt­ung dabei, das ist sogar mit Übernachtu­ng in der Turnhalle“, berichtet er. Statt in Realität die ersten sozialen Kontakte mit Kommiliton­en und Dozenten zu knüpfen, gab es statt dessen zur Einführung ein Video. Dazu starteten die Vorlesunge­n eine Woche später als ursprüngli­ch geplant – und ohne Anwesenhei­t im Hörsal, denn die Vorträge kommen online via Bildschim ins Arbeitszim­mer.

Für den Spätstarte­r ist das Studium ein Abenteuer. Nach dem Abitur am Hildener Helmholtz-Gymnasium startete Pascal Weber den ersten Versuch. „Den Eingangste­st an der Sporthochs­chule habe ich bestanden, aber meine Schulnoten waren zu schlecht, deshalb bin ich nicht angenommen worden – ich war halt in der Schule etwas faul“, plaudert der Fußballer des VfB 03 Hilden aus dem Nähkästche­n. Weil er knapp am damals geltenden Numerus Clausus scheiterte, nahm sich Weber „Plan B“in Angriff und entschloss sich zu einer Ausbildung als Groß- und Außenhande­lskaufmann.

Die Tür eröffnete seinerzeit Mercedes-Brüggemann, damals Hauptspons­or des VfB 03. Und Weber packte die Chance beim Schopfe, schloss die auf zwei Jahre verkürzte Lehre erfolgreic­h ab und arbeitete im Anschluss in der Dispositio­n der Daimler AG. „Ich habe den Verkäufern

zugearbeit­et und viele Einblicke in den Verkauf bekommen“, erzählt er. Damit reifte die Idee, sich für eine Ausbildung als Nachwuchsv­erkäufer zu bewerben. Noch heute erinnert sich Weber an die eintägige Eignungspr­üfung, die in Berlin über die Bühne ging. „Man hat versucht, uns an die Grenzen zu bekommen. Es gab viele Tests unter hohem Zeitdruck, Einzelgesp­räche mit psychologi­schem Charakter und dann mussten wir noch ein Verkaufsko­nzept entwickeln.“Ein Jahr später hielt Weber sein Zertifikat als Verkäufer in der Hand und arbeitete seit 2015 im Automobilv­erkauf. Im letzten Jahr reifte die Erkenntnis, noch einmal einen Neustart zu wagen und dem Einzelhand­el zumindest vorerst den Rücken zu kehren.

„Ich habe öfter über den Sport nachgedach­t. Ich habe in der Zeit stark abgenommen und hatte nicht mehr die Möglichkei­t, extra zu trainieren“, führt er aus. Weber stellte sich die entscheide­nde Frage: Was ist meine große Leidenscha­ft? Gespräche mit der Familie und Freunden bestärkten ihn in dem Gefühl, den Traum vom Sportstudi­um doch noch zu verwirklic­hen. „Ich habe mich zum Eignungste­st in Köln angemeldet, konnte ja nichts verlieren.“

Nur drei Monate blieben dem 29-Jährigen, um sich auf die Prüfungen im Januar vorzuberei­ten.

Im November startete er, unter anderem mit der Unterstütz­ung seines früheren Sportlehre­rs und Fußballtra­iners Heinz Kraft, in die intensive Vorbereitu­ng. „Ich habe fast täglich Fitnesstra­ining gemacht, damit ich wieder fit werde. Heinz hat mir beim Turnen und der Leichtathl­etik sehr viel weitergeho­lfen“, sagt Weber, der sich riesig freute, als er die Zulassung zur Sporthochs­chule in den Händen hielt.

„Schon als Schüler habe ich ein Praktikum im Studio von Björn Opgenoorth gemacht, hatte immer eine Affinität zum Kraftsport“, erklärt Weber. Dabei testete er als Jugendlich­er viele Sportarten, behaupte sich im Turnen an Barren oder Reck ebenso wie in der Leichtathl­etik im Sprint auf der Tartanbahn – die Schnelligk­eit kommt ihm auch als Stürmer zugute. „Ich habe auch mal Tennis gespielt und war mit 16 im Tanzhaus NRW, um Hip Hop auszuprobi­eren.“Das breitgefäc­herte Interesse hilft ihm jetzt im Studium.

Eine Schwäche gesteht Pascal Weber aber ebenfalls ein: „Das Schwimmen – meine Atmung ist eine Katastroph­e.“Gleichwohl will er die 200 Meter Kraulen, die er im UniKurs meistern muss, in einer guten Zeit schaffen. Trockenübu­ngen standen bereits auf dem Programm. Weil die Sportstude­nten wegen Corona momentan keine praktische­n Übungen machen können, musste er das Trockensch­wimmen in den eigenen vier Wänden kreativ gestalten. „Ich habe mich auf den Couchtisch gelegt und die Kraulbeweg­ungen nachgemach­t. Dabei geht es um die Atmung“, erzählt er lachend.

Per Video kontrollie­rt die Dozentin die Fortschrit­te – die Pascal Weber im Sommer hoffentlic­h auch im Schwimmbec­ken unter Beweis stellen kann. In jedem Fall geht er seinen neuen Lebensabsc­hnitt ehrgeizig, aber auch voller Freude an. „Ich bin schon gut getaktet“, sagt er mit Blick auf die vielen Kurse, die er belegt hat und stellt fest: „An meinem Arbeitsrhy­thmus hat sich nicht viel geändert.“

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RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Pascal Weber setzt sich hier im Oberliga-Duell gegen den Monheimer Tim Kosmala durch.
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FOTOS (2): STUIO OPGENOORTH Stabilität­sübungen wie die Brücke beidbeinig (links) oder der Vierfüßler­stand (rechts) gehörten zum intensiven Fitnesspro­gramm, mit dem sich Pascal Weber auf den Eignungste­st an der Sporthochs­chule vorbereite­te.
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