Abgeordnete kämpfen für das Fotoinstitut
Düsseldorfer Parlamentarier wollen parteiübergreifend an die Bundeskanzlerin schreiben. Option: eine Kooperation mit Essen.
DÜSSELDORF Im Augenblick hat es den Anschein, dass zwei Züge aufeinander zufahren. Bundes- und Landtag haben vor dem Jahreswechsel jeweils 41,5 Millionen Euro für die Errichtung eines Deuschen Fotoinstituts (DFI) in Düsseldorf beschlossen. Die zuständige Staatsministerin Monika Grütters (CDU) hat jedoch eine Expertenkommission eingesetzt, die im März Essen als Standort für das DFI vorgeschlagen hat. Düsseldorfer Abgeordnete drängen nun darauf, dass Grütters den Beschluss des Bundestags umsetzt. Sie wollen an Bundeskanzlerin Angela Merkel schreiben. Sie möge darauf hinwirken, dass der Beschluss des Parlaments umgesetzt wird. Grütters ist dem Bundeskanzleramt zugeordnet.
Unter den Düsseldorfer Bundestagsabgeordneten ist der Unmut über Grütters groß. „Der Beschluss des Haushaltsausschusses hat durch die Zustimmung im Bundestag Gesetzeskraft erlangt“, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Die Ministerin solle das akzeptieren. Strack-Zimmermann, Spitzenkandidatin ihrer Partei für den OB-Posten, regt einen gemeinsamen Einsatz für das DFI an. „Es geht jetzt nicht um Wahlkampf, sondern um die Stadt.“Andreas Rimkus (SPD) und Thomas Jarzombek (CDU) sehen dies genau so. „Frau Grütters hat als Staatsministerin die Aufgabe, Gesetze zu exekutieren und nicht, gegen sie zu agitieren“, sagt Rimkus. Im Landtag gibt es fachlich gleichlautende Einschätzungen. Ralf Witzel aus Essen, haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW: „Als Essener würde ich mich natürlich grundsätzlich auch über eine Ansiedlung auf dem Zollverein-Gelände freuen. Ich respektiere aber, dass die Finanzmittel explizit für den Standort Düsseldorf beantragt und genau so vom Parlament im Haushaltsgesetz bewilligt worden sind.“
Rimkus schlägt den Brief an Merkel vor. „Den unterschreibe ich sofort mit“, sagt Jarzombek, der ebenfalls für Düsseldorf als Standort kämpft. Strack-Zimmermann weist auf „das hervorragende und detailreiche Konzept von Andreas Gursky“hin, der klar gemacht habe, wie umfassend das DFI am Ehrenhof arbeiten könne.
Interessant ist die Vorgeschichte der Bundesentscheidung. Laut Jarzombek hat die CDU vor rund eineinhalb Jahren zunächst eine Million Euro für ein Foto-Digitalisierungsprojekt am Ehrenhof einbringen wollen. In der Folgezeit sei daraus im Kontakt mit dem SPD-Haushälter Johannes Kahrs, der Berichterstatter für die Kultur gewesen sei, das DFI als 80-Millionen-Projekt geworden. „So etwas finden natürlich auch andere interessant.“Düsseldorf kam gut aus den Startlöchern, denn Gursky hat ein Kompetenzzentrum Fotografie schon vor 13 Jahren vorgeschlagen.
Im Mai vorigen Jahres habe Gursky das Konzept Vertretern der Expertenkommission übergeben. So steht es im Brief der vier Düsseldorfer CDU-Landtagsabgordneten an Grütters sowie NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Erst viel später hat Essen seinen Hut in den Ring geworfen. Angela Erwin, Olaf Lehne, Peter Preuß und Marco Schmitz halten in ihrem sechsseitigen Brief Düsseldorf für „geeigneter“als Sitz des DFI. Sie zitieren dazu Thomas Weski, der heute die
Expertenkommission anführt und Essen favorisiert, aber bereits 2013 schrieb: „Die Fotografie in Düsseldorf lässt sich also nicht auf die ,Becher-Schule’ allein reduzieren, obwohl sie die Wahrnehmung der Öffentlichkeit dominiert, sondern es handelt sich vielmehr um eine reiche fotografische Szene unterschiedlicher fotografischer Ansätze. Generell könnte man also Düsseldorf als ,Hauptstadt der Fotografie’ bezeichnen.“
Die Situation ist verfahren. Vor allem, weil Grütters’ Verhalten nicht alle Parlamentarier überrascht. Einer
meint: Der Bundestag habe Geld für ein Fotoinstitut in Düsseldorf beschlossen, wenn es denn dort eines gebe. Sollten sich aber die Ministerin und der Kulturausschuss anders entscheiden, dann sei das Geld für Düsseldorf weg und es müsse für den neuen Standort erneut eingeplant werden. Eine solche Eskalation scheint offenbar nicht erwünscht. Hinter den Kulissen wird nach einem Kompromiss gesucht. Es könnte einen Hauptstandort und eine Dependance geben. „Das Einzige, was Düsseldorf noch helfen könnte, sich durchzusetzen, ist Druck aus der Szene der Fotokünstler“, sagt ein Insider.
Die Landesregierung ist vor allem froh, dass das DFI nach NRW kommt. Die Einschaltung der Kommission sei allen bekannt gewesen. Da Grütters nun eine Machbarkeitsstudie beauftrage unter Berücksichtigung Düsseldorfs, sollten sich alle an einen Tisch setzen und ausloten, wie ein gemeinsames Konzept aussehen könne. Ein Modell hat in der Landeshauptstadt schon für Allergien gesorgt: Essen bekommt das Institut, Düsseldorf den Showroom.