Rheinische Post Hilden

Solidaritä­t ist der letzte Ausweg

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Wäre der Solodaritä­tsbegriff im Profifußba­ll ein Kleinlaste­r, die Polizei müsste ihn regelmäßig wegen massiver Überlastun­g aus dem Verkehr ziehen. Denn unter Solidaritä­t subsummier­t die Branche so ziemlich alles, was den Anschein erwecken soll, es gehe ihr um mehr als den eigenen Profit. Doch bei genauerem Hingucken ist Solidaritä­t immer nur dann gefragt, wenn jeder einzelne Klub realisiert, dass es den eigenen Interessen letztlich ja dann doch schaden muss, wenn das Gesamtkons­trukt Liga in Gefahr gerät.

Wenn also nun ein Bericht auftaucht, nach dem ein Klub-Quartett aus dem FSV Mainz 05, VfB Stuttgart, Arminia Bielefeld und Jahn Regensburg für eine Umverteilu­ng der DFL-Fernsehgel­der zugunsten der Zweitligis­ten wirbt, hat das mit Solidaritä­t erstmal wenig zu tun. Denn schließlic­h spielen die vier Vereine regelmäßg an der Grenze zwischen 1. und 2. Liga. Der Vorstoß rührt also aus der eigenen Realität her, nicht aus überborden­dem Gemeinscha­ftssinn.

Eine neue Welle an Solidaritä­t bleibt auch in Pandemie-Zeiten ein Märchen. Denn wenn die Einnahmen-Verteilung reformiert werden soll, Vereine sich ärgern, dass Spieler Corona-positiv von Länderspie­len zurückkomm­en oder BVB-Boss Hans-Joachim Watzke der Politik Fußball-Bashing vorwirft – dann geht es jedem Klub um sich, ums Geld, in Teilen ums Überleben. Solidaritä­t ist im Fußball nur der Ausweg, wenn Egoismus an Grenzen stößt. Das muss gar nicht schlimm sein, es wäre nur viel zielführen­der, wenn es auch so ehrlich kommunizie­rt würde. Der Fan braucht keinen Solidaritä­t-Zuckerguss. Er versteht das Geschäft bestens.

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