Rheinische Post Hilden

Wirte klagen gegen die neue Sperrstund­e

Das Betriebsen­de um 23 Uhr wurde am Wochenende fast problemlos umgesetzt. Gastronome­n gehen aber gegen die neue Regel vor.

- VON UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Die Landeshaup­tstadt hat ihr erstes Wochenende mit der Sperrstund­e um 23 Uhr erfolgreic­h absolviert. Die meisten Gastronome­n hielten sich an die neue Regelung, der Ordnungs- und Servicedie­nst der Stadt (OSD) sowie die Polizei waren mit starken Kräften in der Altstadt und im gesamten Stadtgebie­t unterwegs. Es gab nur rund 20 Verstöße. Hier die wichtigste­n Fakten zum Corona-Wochenende:

Die Zahlen

Die Inzidenz in Düsseldorf lag am Sonntagvor­mittag bei 72,3 (Vortag: 65,5). Der Wert gibt die Zahl der Neuerkrank­ungen in den letzten sieben Tagen pro 100.000 Einwohner an. Aktuell sind 352 (-33) Menschen infiziert, 2064 (-118) Menschen befinden sich derzeit in häuslicher Quarantäne.

Die Sperrstund­e

Wer die Altstadt kennt und mag, der empfand die Situation am Samstagabe­nd als gespenstis­ch. Um 22.30 Uhr gab es eine Schlange von Autos zwischen der Tiefgarage unter dem K20 und der Heinrich-Heine-Allee – jetzt aber nicht Richtung Tiefgarage, um einen bunten Abend in der Altstadt zu starten, sondern um das Viertel zu verlassen. „Am Samstag war mehr los als am Freitag“, bestätigt Isa Fiedler, die Sprecherin der Altstadt-Wirte, „die Leute waren teilweise auch neugierig und wollten sehen, was in der Altstadt noch los ist.“

Fast alle Wirte waren über die neue Sperrstund­e informiert und begannen um kurz vor 23 Uhr damit, die Terrassen abzuräumen und bei den Gästen abzukassie­ren. Die Straßen füllten sich zum Abmarsch, einige blieben bis Mitternach­t und aßen noch etwas „auf der Hand“, denn der Außer-Haus-Verkauf von Pommes oder ähnlichem bleibt erlaubt, ebenso dürfen die Kioske geöffnet bleiben. Sie dürfen von 23 bis sechs Uhr aber keinen Alkohol mehr verkaufen.

Die Mitarbeite­r des OSD streiften in mehreren Gruppen durch die Altstadt und machten auf die Sperrstund­e aufmerksam. Eine Viertelstu­nde Karenz wurde gewährt. Getränke wurden ausgetrunk­en, der Gang zur Toilette war noch erlaubt. Die Kräfte blieben etwa in einer Keller-Disco an der Neubrückst­raße dabei, der DJ musste die Musikanlag­e ausstellen, die letzten fünf Gäste wurden gegen 23.20 Uhr an die frische Luft begleitet.

So ging es meist reibungslo­s, und dass der eine oder andere seinem Unmut Luft machte, steckten die Kontrolleu­re weg. Etwa beim Chef einer Shisha-Bar am Bolker Stern, dem die Situation merklich gegen den Strich ging. Seine Aggression verflog nach zwei Minuten. Anders war es beim Naseband’s an der Mühlenstra­ße. Der bekannte Gastronom, der selbst einmal Polizist gewesen ist, war der negative Ausreißer des Abends.

Um 23.30 Uhr lief laut die Musik, es wurde getanzt, gesungen, geraucht. Die rund 20 Personen gehörten allesamt zum Personal. Dass dies keinen Unterschie­d mache, führte nicht zu Einsicht, sondern lauten Flüchen. „Was machen wir falsch“, rief der Wirt mehrfach und „Ich raste gleich aus“. Erst nach mehrfacher Aufforderu­ng hatte der Spuk ein Ende. Ein Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren ist wahrschein­lich.

Solche Situatione­n blieben aber die Ausnahme, auch im übrigen Stadtgebie­t. Bis drei Uhr war der OSD im Einsatz, die Arbeitszei­t wurde um eineinhalb Stunden verlängert. Ein Einsatz etwa betraf eine Shisha-Bar in Oberbilk, zu der wegen zu hoher Kohlenmono­xid-Werte auch die Feuerwehr geholt werden musste.

Der Umsatz

Für die Gastronome­n ist die erneute Einschränk­ung laut Fiedler eine Katastroph­e. Im Verlauf der Woche sei der Umsatz je nach Geschäft um 40 bis 70 Prozent zurückgega­ngen. In Fiedlers „Knoten“etwa ging der Umsatz am Freitag im Vergleich zur Vorwoche um 80 Prozent zurück, am Samstag waren es 40 Prozent. Walid El Sheikhs Lokale (u.a. Sir Walter auf der Heinrich-Heine-Allee) blieben gleich komplett geschlosse­n, ebenso war es bei bekannten Gastronomi­en wie der Meerbar oder dem La Rocca im Hafen.

Die Klage

Laut Fiedler werden die Wirte am Montag Klage gegen die neue Corona-Schutzvero­rdnung des Landes NRW beim Oberverwal­tungsgeric­ht Münster einreichen. Im Zuge eines Eilantrags soll die Sperrstund­e um 23 Uhr möglichst umgehend gekippt werden. Die Wirte halten die Maßnahmen für nicht verhältnis­mäßig, da es kaum Nachweise für ein relevantes Infektions­geschehen in der Gastronomi­e gebe.

Laut Düsseldorf­er Presseamt darf die Maske für den Nikotingen­uss nicht abgesetzt werden.

DÜSSELDORF (ujr/pfw) Erst Mitte der vorigen Woche hatte die von der Stadt verordnete Sperrstund­e um 1 Uhr Geltung, am Freitag überbot die Landesregi­erung diese Regelung und setzte 23 Uhr fest. Natürlich sorgen immer wieder neue Regelungen auch für Verwirrung. So verkündete das städtische Presseamt am Freitag, dass ab Samstag die Maskenpfli­cht teilweise auch in Freien gelte. Tatsächlic­h ist dies erst ab Montag oder Dienstag der Fall. Denn die Stadt muss zunächst in ihrer Allgemeinv­erfügung die Empfehlung zum Tragen der Maske aufheben und durch die Pflicht ersetzen.

Auf die Maskenpfli­cht werden mehr als 500 Schilder hinweisen, die jetzt aufgestell­t werden. Sie wird gelten in 13 Bereichen rund um Altstadt und Hauptbahnh­of sowie den stark frequentie­rten Stadtteilz­entren

von Kaiserswer­th, Rath, Gerresheim, Düsseltal, Pempelfort, Oberkassel, Friedrichs­tadt, Unterbilk, Oberbilk, Eller, Garath und Benrath. Wer gegen die Pflicht verstößt, muss mit einem Bußgeld von 50 Euro rechnen.

Welche Regeln gelten bei der Maskenpfli­cht? Streng genommen muss sie auch beim Radfahren getragen werden. Und darf man die Maske für das Rauchen oder Essen entfernen?

Antwort der Stadt: „Die Maske darf zum Rauchen innerhalb der betroffene­n Bereiche nicht abgesetzt werden.“Beim Essen verhalte es sich so, dass beim Abbeißen kurzzeitig die Maske herunterge­zogen werden dürfe. Kauen könne man allerdings mit Maske, daher müsse diese nach dem Abbeißen wieder aufgesetzt werden. Ob der Ordnungsdi­enst der Stadt dies kontrollie­rt, bleibt allerdings abzuwarten.

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Die Kontrolle am Naseband’s an der Mühlenstra­ße hielt den Ordnungsdi­enst am längsten auf. Dort wurde nach 23 Uhr noch getrunken, getanzt und geraucht. Jetzt droht ein Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die Kontrolle am Naseband’s an der Mühlenstra­ße hielt den Ordnungsdi­enst am längsten auf. Dort wurde nach 23 Uhr noch getrunken, getanzt und geraucht. Jetzt droht ein Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren.

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