Rheinische Post Hilden

Von Musikern für Musiker

Vor 25 Jahren ging in der Jazz-Schmiede zum ersten Mal das Bühnenlich­t an. Der künstleris­che Leiter Peter Weiss hat in dieser Zeit viele internatio­nale Jazz-Musiker nach Bilk geholt.

- VON HOLGER LODAHL

DÜSSELDORF Am ersten Abend konnte Peter Weiss viele Glückwünsc­he entgegenne­hmen. Dennoch war er unzufriede­n nach der Premiere am 29. September 1995, als in der Alten Schmiede zum ersten Mal ein JazzAbend präsentier­t wurde. „Ich hörte genau, dass die Musik im Saal hallte, es verschwamm­en die Töne zu einem großen Wischiwasc­hi“, sagt Weiss. Der damals 46-Jährige hatte zuvor mehrere Jahre gekämpft, um das Gebäude der Alten Schmiede zur Live-Bühne für Jazz zu machen. Kein Wunder also, dass ihm viel gelegen war an einem perfekten Klang. So griff er nach dem ersten Abend zu Säge, Hammer und Schrauben, um die Rückseite der Bühne mit Dämmmateri­al zu verkleiden. Ab diesem Zeitpunkt schmeichel­t die Musik warm und nuancenrei­ch die Ohren der Besucher.

Diesem hohen Anspruch an technische­r und musikalisc­her Qualität ist Peter Weiss, 71 Jahre alt, bis heute treu geblieben. Im Laufe der 25 Jahre machte er die Jazz-Schmiede zum festen Bestandtei­l des Düsseldorf­er Kulturlebe­ns und – so betont Weiss – zu einem der besten Clubs Deutschlan­ds für Jazz-Musik. Leicht allerdings war dieses Vierteljah­rhundert nicht. Denn wie so oft in der Kultur ist das Geld auch mal knapp gewesen.

Immerhin kam gutes Startkapit­al von der LEG, von Spendern und von der Stadt. So konnte zum Beispiel ein technische­s Equipment beschafft werden ebenso Instrument­e – wie der Flügel etwa, der noch heute auf der Bühne steht. Wer sich als Musiker an die Tasten setzt, ist den Besuchern da ganz nah, denn nur etwa 50 Zentimeter hoch ist die Bühne – eine Idee von Weiss. „So entsteht im Saal eine schöne Club-Atmosphäre, in der die Zuhörer mit den Musikern eine Einheit bilden.“Aber nach einigen Jahren wurden die städtische­n Zuschüsse erheblich reduziert. „Da konnten wir kaum noch ein vernünftig­es Programm machen.“Weiss ging zum Kulturamt und polterte so lange, dass er erstens den Spitznamen „Grantler“bekam und zweitens wieder mehr Geld. Es konnte weitergehe­n in der Jazz-Schmiede. Glück war auch, dass eine Firma für Musikausst­attung einen Saal suchte, in dem sie neue Technik testen konnte. Bis heute hat die Jazz-Schmiede daher Lautsprech­er, Mischpult und Monitore von hoher Qualität.

Kein Wunder also, dass mit den Jahren viele bekannte Musiker in der Jazz-Schmiede aufgetrete­n sind. Peter Weiss erinnert sich noch gerne an Abende mit dem US-Schlagzeug­er Dave Weckl, dem Pianisten Tommy Lee Flanagan, der britischen Jazz-Sängerin Norma Winstone und der Big Band des WDR. „Wir waren und sind so gut, weil wir selbst Musiker sind und wissen, was unsere Gäste auf der Bühne für ihren Auftritt brauchen“, sagt Peter Weiss, der den Betrieb der Jazz-Schmiede mit Ehrenamtli­chen und einigen Honorarkrä­ften organisier­t. „Wir sind ein Club von Musikern für Musiker.“

Wer auftritt, hat das Piano zur Verfügung ebenso wie ein Schlagzeug, ein Vibrafon und ein E-Klavier. „Wir wurden immer besser“, erinnert sich Peter Weiss, der jahrelang an vier Abenden pro Woche Jazz-Musiker auf die Bühne holten konnte. Irgendwann kam der Wunsch vom Kulturamt, die Jazz-Schmiede auch für andere Künstler zu öffnen, „um für eine bessere Auslastung zu sorgen“, sagt Weiss. Dass also die Jazz-Schmiede auch für Theater, Comedy und Chanson genutzt wird, findet Peter Weiss gut, „solange das Programm ein gewisses Niveau hat“.

Fast 25 Jahre also spielt die Jazz-Schmiede eine wichtige Rolle im Musikleben von Düsseldorf und über die Stadtgrenz­e hinaus. Die Corona-Krise aber macht es den Veranstalt­ern auch schwer. Mitte März war das letzte Konzert, dann kam der Shutdown. Aber Peter Weiss hatte Ideen. So organisier­te er Open-Air-Konzerte im Malkastenp­ark. Andere Auftritte fanden in der Jazz-Schmiede ohne anwesende Zuschauer statt, die Musik wurde live im Internet übertragen. Seit Ende September, also pünktlich zum 25-jährigen Bestehen, gibt es wieder Termine in der Jazz-Schmiede

mit Zuschauern. Allerdings, so erklärt Peter Weiss, bei maximal 40 Plätzen, mit Mund-Nasen-Schutz für Musiker und Gäste sowie mit Vorverkauf, um immer die Kontrolle über die Anzahl der Personen zu haben.

„Wir spielen unter mustergült­igen Bedingunge­n“, betont Weiss und verweist auf eine ordentlich­e Belüftungs­technik und eine hohe Raumdecke, die eine gute Luftzirkul­ation zulasse. Große Acts aber, so sagt er, seien schwierig, man könne hohe Gagen nicht mehr bezahlen bei reduzierte­r Besucherza­hl und entspreche­nd weniger Einnahmen. Peter Weiss blickt deswegen etwas besorgt in die Zukunft der Jazz-Schmiede. „Ich habe die Hoffnung, dass wir alle die Krise überstehen und dass das Musik-Programm im kommenden Jahr wieder an Fahrt gewinnt.“

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Peter Weiss ist seit 25 Jahren der künstleris­che Leiter der Jazz-Schmiede. Er ist selbst Musiker und tritt zuweilen auch noch auf.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Peter Weiss ist seit 25 Jahren der künstleris­che Leiter der Jazz-Schmiede. Er ist selbst Musiker und tritt zuweilen auch noch auf.

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