Der Druck der Gruppe
Trumps Twitterei ist nicht erratisch, sondern bedient psychologische Bedürfnisse.
ber Donald Trump ist alles gesagt. Aber über seine Anhänger nicht. Wie kann es sein, dass je nach Umfrage rund ein Drittel der befragten US-Amerikaner den verhaltensauffälligsten aller Präsidenten im Amt bestätigen will? Sind Millionen Menschen unzurechnungsfähig? Eher unwahrscheinlich.
Offenbar wirken im digitalen Paralleluniversum von Twitter, Facebook & Co. ähnliche Mechanismen wie im richtigen Leben, vor allem der seit Schulzeiten allseits bekannte Gruppendruck: Die Lauten geben eine Haltung vor, wer abweicht, wird mit Ausschluss bestraft. In seinem Bestseller „Conformity“schildert der Jurist und
Verhaltensökonom Cass R. Sunstein, wie wenige Wortführer extreme Meinungen vorgeben, worauf die Leiseren einstimmen und sich schließlich die gesamte Gruppe in kollektivem Wutgeheul ergeht. Ideologische Treue ist Klebstoff digitaler Stämme.
Der Mensch will eben nicht objektiv informiert werden, sondern sucht sich bewusst jene Faktenschnipsel, die das eigene Denken bestätigen. Zugleich wehrt das Ego alle Informationen ab, die nicht ins Weltbild passen. Insofern ist die scheinbar erratische Twitterei des US-Präsidenten kein Zufallstun, sondern bewusst genutztes Instrument, um seine Anhänger permanent im Empörungsmodus zu halten. „Wir gegen die“heißt die Parole, die wirkungsvoller zu sein scheint als Fakten. Wie aber kann es sein, dass sich halbwegs vernunftbegabte Menschen auch durch Lügen und Skandale nicht irritieren lassen? Dazu bietet das Magazin „Political Psychology“eine Studie, die dauernde Selbstüberlistung vermuten lässt. So werden Fehltritte des Anführers zu Angriffen der Gegenseite umgedeutet. Resultat: Noch mehr Zorn auf den Gegner, noch mehr Loyalität zum eigenen Lager. Und was hilft dagegen? Das Verabschieden vom Stammesdruck, emotionaler Abstand, Selberdenken wagen. Spart Zeit, hilft der Laune auf und nützt der Gemeinschaft.