Weniger Idealismus, mehr Realismus
Diesmal scheint die Abstimmung vor den Corona-Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch besser zu laufen. Die Ministerpräsidenten verständigen sich, das Bundeskanzleramt ist eingebunden, Zerwürfnisse treten, bisher jedenfalls, nicht offen zutage. Dem Ernst der Lage ist das angemessen; eine uneinheitliche Linie wirkt wie Chaos. Der Lockdown, der am kommenden Montag enden sollte, hat längst nicht den erwünschten Rückgang der Infektionszahlen gebracht. Waren die Maßnahmen zu lasch, oder waren es die falschen? Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte. Im Privaten haben zu viele Menschen auf ausreichenden Abstand und Hygiene verzichtet. Dort sollten Appelle zu Einsicht führen, aber die Risiken gehen von jenen aus, die weghören. Wenn sich jetzt schärfere Kontaktbeschränkungen abzeichnen, ändert sich daran zunächst nichts. Regeln, die der Staat erlässt, aber nicht kontrolliert, fehlt es an Wirksamkeit. Es gilt also, mit weniger Idealismus und mehr Realismus an dieses Dilemma heranzugehen. Gebraucht werden neben den Appellen vor allem wirksame Kontrollkonzepte.
Dass Bund und Länder sich die Corona-Warn-App nochmal vornehmen wollen, ist höchste Zeit. Es wäre viel gewonnen, wenn sie leistungsfähiger wäre und vor allem von noch mehr Menschen genutzt würde. Da ließe sich von kommerziellen App-Anbietern lernen. Bonuspunkte für die regelmäßige Nutzung, die sich in Einkaufsgutscheine umwandeln lassen – das wäre modern, effektiv und gut für die Wirtschaft.
Ja, die Verantwortlichen verfolgen die besten Absichten. Aber offensichtlich nur eingeschränkt wirksame Maßnahmen zu verlängern, reicht nicht aus. Im Gegenteil, je konsequenter sich die Menschen auch zu Hause an die Vorgaben halten, desto früher geht das öffentliche Leben wieder los.
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