Donald Trump macht Platz
Nach mehr als zwei Wochen hat der US-Präsident nun doch die Machtübergabe an Joe Biden eingeleitet.
WASHINGTON Nachdem er seine Niederlage tags zuvor de facto eingestanden hatte, war Donald Trump am Dienstag damit beschäftigt, einen verbalen Rückzieher nach dem anderen zu machen. In einem Tweet sprach er von Unregelmäßigkeiten beim Votum in Wisconsin, in einem anderen zitierte er den Schauspieler Randy Quaid, der verlangte, die gesamte Wahl zu wiederholen. Wenn nicht alles täuscht, sind es bizarre Rückzugsgefechte eines Präsidenten, der sich massivem Druck aus den eigenen Reihen gebeugt hat, aber rhetorisch noch immer die Oberhand behalten möchte.
Mehr als zwei Wochen lang hatte sich Trump dagegen gesträubt, den Sieg Joe Bidens anzuerkennen. Seit dem 7. November, als die amerikanischen Fernsehsender seinen Widersacher zum Sieger erklärten, hatte er den unvermeidlichen Machtwechsel blockiert. Am Montagabend gab er sich geschlagen, wenn auch auf seine Art, ohne Biden zu gratulieren. „Im Interesse des Landes“habe er sein Team angewiesen, den Prozess für die Amtsübergabe zu starten, twitterte der Präsident. Er habe Emily Murphy, der Chefin der General Services Administration, der zuständigen Behörde der Bundesverwaltung, empfohlen, „zu tun, was getan werden muss“. Es war die Zäsur, auf die man in Washington so lange gewartet hatte. Der Moment, in dem der Abgewählte die Realität zu akzeptieren schien.
Murphy, einst von Trump ernannt, hatte zuvor ein Schreiben an Biden geschickt, in dem sie den Demokraten offiziell als Gewinner der Wahl anerkannte. Erst von da an konnten Bundesmittel, rund sechs Millionen Dollar, an die Mannschaft des designierten Präsidenten fließen, um etwa Büroräume anzumieten. Erst nach diesem formellen Schritt erhielt das neue Team Zugang zu vertraulichen Akten, erst danach durfte es sich von Mitarbeitern der noch amtierenden Regierung unterrichten lassen, um einen nahtlosen Übergang vorzubereiten.
Tatsächlich blieb Trump zu dem Zeitpunkt schon kaum etwas anderes übrig, als sich seinem Schicksal zu fügen. Vor Gericht war eine Klage nach der anderen abgeschmettert worden, nachdem seine Anwälte in keinem einzigen Bundesstaat Beweise für großangelegten Wahlbetrug vorlegen konnten. Sein verzweifelter Versuch war am Montag in Michigan krachend gescheitert. Dort bestätigte eine vierköpfige Wahlkommission, dass Biden den Staat mit 155.000 Stimmen Vorsprung gewonnen hat. Während sich einer der vier, ein Republikaner, der Stimme enthielt, verbündete sich dessen Parteifreund Aaron Van Langevelde mit den beiden Demokraten der Runde, um das Resultat zu zertifizieren. Trump hatte die Republikaner Michigans unter massiven Druck gesetzt, in der Hoffnung, das Ergebnis noch zu kippen. Einen Rückschlag musste der Amtsinhaber auch in Pennsylvania hinnehmen, wo die meisten Landkreise den Wahlausgang ebenfalls zertifizierten, ohne seinem Wunsch nach einem Aufschub nachzukommen.
Dass die Würfel gefallen sind, war spätestens mit der Zäsur in Michigan auch Parteigranden klar, die lange gebraucht hatten, ehe sie sich aus der Deckung wagten. An der Basis, nicht zuletzt bei großen Teilen der weißen Arbeiterschaft, kann Trump nach wie vor auf breite Unterstützung zählen. Nach dem politischen Dammbruch am Montag aber brachen sie ihr Schweigen. Lamar Alexander, Senatsveteran aus Tennessee, empfahl Trump, den Schaden zu begrenzen, statt als schlechter Verlierer in die Geschichtsbücher einzugehen. Auch für den Fall, dass er 2024 die nächste Bewerbung fürs Oval Office anpeilt: „Wenn man im öffentlichen Leben steht, erinnern sich die Menschen zuerst daran, was man als Letztes getan hat.“
Zudem hatten rund 160 Unternehmer in einem Appell an den Präsidenten gewarnt, ein Aufschieben der Machtübergabe könne eine effiziente Antwort des neuen Kabinetts auf die Corona-Pandemie gefährden. Schließlich signalisierte auch Stephen Schwarzman, Chef der Investmentgesellschaft Blackstone und einer der engsten Verbündeten Trumps an der Wall Street, dass es Zeit ist, das Handtuch zu werfen. Es sei „sehr sicher“, dass Biden gewonnen habe, sagte er der Online-Plattform Axios.