Mieter mussten innerhalb einer Stunde raus
Anke Petri, ihr Lebensgefährte und ihr Hund mussten kurzfristig ihre Wohnung räumen. Eine Außenwand ist marode, der Altbau darf nicht mehr betreten werden. Jetzt sucht das Paar einen Platz zum Wohnen und für ihre Praxis.
HILDEN Anke Petri ist verzweifelt. „Wir stehen quasi von jetzt auf gleich auf der Straße“, sagt die 42-Jährige. Die Tier-Physiotherapeutin und ihr Lebensgefährte mussten ihre Altbauwohnung räumen, „das war alles so kurzfristig, dass wir noch nicht einmal Zeit hatten, zu packen. Wir mussten innerhalb von einer Stunde raus und haben nur schnell das Nötigste zusammengerafft – ansonsten hätten wohl bis zu 1000 Euro Bußgeld gedroht“, erzählt sie aufgebracht. In dem Haus, in dem Petri und ihr Freund sowie eine weitere Mieterin leben, gibt es einen Riss in der Außenwand, weshalb das Gebäude nicht mehr betreten werden darf. „Urplötzlich stecken wir in einer total seltsamen Situation, wie man sie sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Alle unsere Möbel, alle unsere Sachen sind quasi weg, und wir wissen nicht, ob und wann wir wieder zurückkönnen.“
Untergekommen sind Anke Petri und ihr Lebensgefährte Uwe Orlowsky bei Freunden, die weitere Mieterin lebt derzeit in einem Hotel. „Aber das ist natürlich kein Dauerzustand.“Was Petri besonders stört: Sie ist selbstständig, hat an normalen Tagen nahezu stündlich tierische Patienten, die sie nach Operationen oder vorbeugend bei Schmerzen am Bewegungsapparat behandelt. „Das geht in der Enge jetzt natürlich nicht, somit kann ich gerade kein Geld verdienen – und wer weiß, wie lange sich das alles hinzieht.“Genaue Informationen gäbe es seitens der Vermieter, einem Ehepaar aus Essen, nicht, diese seien schwer bis nicht erreichbar. Schon länger, rund 1,5 Jahre, sei bekannt gewesen, dass es in dem um 1900 gebauten Haus Probleme mit Schimmel und Feuchtigkeit gab, allerdings sei nichts geschehen, um dies zu beheben.
„Die Aussage, wir seien nicht erreichbar, ist definitiv falsch“, sagen die Vermieter, die sich auf Anfrage der Rheinischen Post umgehend und ausführlich meldeten. „Die Mieter haben uns und die beauftragte Architektin sowohl telefonisch als auch per E-Mail erreicht, was ausreichend dokumentiert ist.“Das Ehepaar erklärt: „Oberstes Gebot ist die
Sicherheit der Mieter. Das Bauordnungsamt handelt nur zum Schutz so streng.“
Der Riss in der Außenwand war aufgefallen, als in der Wohnung der Mieterin, die über Anke Petri und ihrem Freund auf zwei Etagen lebt, eine feuchte Wand festgestellt wurde. Zwei Architekten und eine Baufirma kamen zu dem Ergebnis, dass die Ursache für die feuchte Wand nicht – wie zunächst angenommen – im Fassadenanstrich lag, sondern in einem Riss, der vom darüber liegenden Balkon ausging. Das war laut Vermietern Mitte Oktober. „Nähere Untersuchungen ergaben dann, dass der Riss durch ein Glasdach verursacht wurde, dessen Stahlstützen auf dem Balkon auflagen. Spätestens da haben wir natürlich einen Statiker hinzugezogen“, berichten sie schriftlich. Nachdem das Glasdach abgebaut worden war, habe sich der Riss zur Überraschung aller Beteiligten vergrößert. Die Außenwand geriet in Schieflage. Der Statiker verbot am 8. November umgehend das Betreten des Baugerüstes und informierte das Bauamt.
Dieses verbot das Betreten der Räume, zunächst nur der gartenseitig gelegenen Bereiche, dann aller. Letztlich mussten alle Mieter
auf Anordnung des Bauamtes, dessen Mitarbeiter persönlich den Bescheid vorbeibrachte, vorübergehend ausziehen, und zwar unmittelbar.
Einer ersten Ankündigung einer Räumung etwa eine Woche zuvor seien sie nicht nachgekommen, berichtet Anke Petri. „Wir haben im Zuge dieser Bauarbeiten schon einiges erlebt.“Erst sei ihnen von jetzt auf gleich ohne Ankündigung ein Gerüst um die Terrasse gebaut worden, dann hätten sie ihre Terrassenmöbel kurzfristig wegräumen sollen, was aufgrund des Gewichtes nicht rasch zu bewerkstelligen gewesen sei – und dann gar nicht mehr, weil das Gerüst die Möbel eingekeilt hatte.
„Wir hätten nicht damit gerechnet, dass das jetzt so eine gefährliche Riesensache wird und wir sofort rausmüssen.“Petri beklagt mangelndes Zeitmanagement und die Tatsache, dass die Mieter noch immer nicht wüssten, ob und wann sie zurückkönnen, als Schikane.
Denn wie es nun weitergeht, könne derzeit noch niemand genau sagen. In diesen Tagen wird ein Statiker die Baustelle erneut untersuchen, dann soll ein Maßnahmen-Plan entstehen. Gern wüssten die Mieter, wie es mit entstehenden Kosten für eine Zwischenmiete, sei es in einem Hotel, einem Apartment oder einer anderen Wohnung aussieht. Die Vermieter schreiben: „Wir haben uns zunächst darum bemüht, die Sicherheit der Mieter zu gewährleisten und für die technische Behebung der Probleme zu sorgen.“Und erklären weiter, dass sie diesen Fragen der Mieter gegenüber offen sind, aber noch keine genaue Herangehensweise nennen können: „Uns trifft kein Verschulden. Gleichwohl werden wir selbstverständlich alle gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen. Wie dies im Einzelnen aussehen wird, können wir im Moment noch nicht sagen.“Hierzu lässt sich das Ehepaar von einem Anwalt beraten. Auch Anke Petri und Uwe Orlowsky haben sich anwaltliche Hilfe gesucht.