Die 15-Kilometer-Regel wird nicht viel bringen
Es konnte kaum ein Zweifel daran bestehen, dass es eben keine Lockerungen schon vom nächsten Montag an nach dem Vorbild des Sommermodus geben würde. Dazu sind die Bedingungen viel zu dramatisch. Wenn täglich Hunderte Covid-19-Patienten sterben, viele Kliniken bereits die Überlastung ihrer Intensivstationen melden, die meisten Regionen nicht aus dem roten bis dunkelroten Bereich der Infektionszahlen herauskommen, ist es die Pflicht von Bürgern und Politikern, den laufenden Lockdown nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern genau zu schauen, wo er bessere Wirkung zeigen kann.
Das haben die Regierungschefs von Bund und Ländern am Dienstag getan. Herausgekommen sind Einschränkungen und Perspektiven, die unterschiedlich gewichtet werden müssen. Die Reduzierung der heimischen Kontakte auf eine weitere Person ist genauso wirksam wie das Schließen der Kantinen, mehr Impf-Anstrengungen und besserer Schutz für die Altenund Pflegeheime. Der Plan, beim nächsten Treffen ein Wiederhochfahren des Schulbetriebs ins Auge zu fassen, steht unter Vorbehalt: Die grassierende Mutation macht das Virus noch leichter übertragbar.
Die Einschränkungen des Bewegungsradius in Hotspots laufen auf eine Politik von mehr Schein als Sein heraus. Länder wie Italien, Frankreich und Spanien haben Erfahrungen damit gesammelt, den Radius auf einen Kilometer, wenige Hundert Meter oder auch nur die Wohnung einzuschränken. Die deutsche Lösung von 15 Kilometern dürfte nicht viel bringen. In Gebieten mit dramatischen Zuständen dürfen alle Menschen weiterhin in jede Richtung drei Stunden lang zu Fuß unterwegs sein; sie können die meisten Nahverkehrsziele auch motorisiert ansteuern. Es ist offenbar der Versuch, die Bürger aufzurütteln, sich deutlich mehr freiwillig einzuschränken.
BERICHT 15 KILOMETER BEWEGUNGSRADIUS, TITELSEITE