Löws Plan mit der „neuen Mannschaft“
Bei der Fußball-EM sollen junge Spieler wichtige Turniererfahrung sammeln.
MÜNCHEN (dpa) Erst am 25. März 2021 endet für den Bundestrainer die lange Winterpause der Fußball-Nationalmannschaft. Dann geht es in der WM-Qualifikation gleich in die Vollen: Auf das Auftaktspiel gegen Island folgen im Drei-Tages-Rhythmus ein Auswärtsspiel in Rumänien und ein weiteres Heimspiel gegen Nordmazedonien. Drei Punktspiele in sieben Tagen heißt: Drei Chancen zur Bewährung für Spieler und Trainer bei der finalen Sichtung vor der Nominierung des vorläufigen EM-Kaders und nach dem 0:6-Debakel gegen Spanien zum Jahresabschluss 2020.
Der Start ins EM-Jahr wird für den ewigen Bundes-Jogi zum ersten bedeutenden Liefertermin 2021. „Es ist wichtig, dass wir die drei Quali-Spiele erfolgreich bestreiten“, sagte Löw. Gute zweieinhalb Monate vor dem Turnierstart gegen Weltmeister Frankreich in München ist ein Stimmungsumschwung im deutschen Fan-Volk dringend geboten. Die Langzeit-Partnerschaft des 60-jährigen Löw mit dem Deutschen Fußball-Bund ist brüchig geworden. Ein dauerhaftes „Weiter so“verbietet sich. Spätestens die EM wird zur ultimativen Belastungsprobe; auch wenn Löws Vertrag erst nach der WM 2022 endet.
Löw ist überzeugt: „Die Mannschaft hat eine sehr gute Zukunft, auch über die weiteren Jahre hinweg.“Seine Gedanken für die Länderspiele im Frühjahr kreisen eher nicht um die von ihm 2019 ausgemusterten 2014-Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng. Löw sträubt sich gegen eine Rolle rückwärts. „Ich glaube nicht, dass Jogi noch einmal einen U-Turn macht“, sagte Löw-Kenner Per Mertesacker zu einem Comeback des Trios, mit dem er 2014 gemeinsam Weltmeister geworden war. Beim Umbruch wird Löw von Bierhoff und der Verbandsspitze um Präsident Fritz Keller unterstützt. DFB-intern firmiert die EM zum Jahreswechsel unverändert unter dem eindeutigen Projektnamen „Erstes Turnierjahr der neuen Mannschaft“.
Löw glaubt an die Wiederholung der glorreichen Vergangenheit. Der dritte Platz bei der WM 2010 in Südafrika galt als Geburtsstunde der Weltmeister-Equipe von 2014. Innovativ und energiegeladen schuf er vor einem Jahrzehnt mit seinem damaligen Co-Trainer Hansi Flick einen neuen Fußball „Made in Germany“. Den kurz vor der WM verletzten Leitwolf Michael Ballack holte Löw übrigens später auch nicht zurück. Jetzt soll sich Geschichte mit der neuen Spielergeneration um Kimmich, Gnabry, Goretzka, Süle, Werner wiederholen.
„Ich muss Jogi Löw recht geben, dass 2024 das große Ereignis werden soll in Deutschland“, sagte DFB-Präsident Fritz Keller. Spätestens bei der Heim-EM soll Deutschland wieder ein echter Titelanwärter sein. Dafür brauchen die Spieler laut Löw Turniererfahrung. „2010 oder 2012 hatten wir auch noch nicht die Führungsspieler auf dem Platz“, sagte er. Neuer, Müller, Boateng, Özil, Khedira oder Kroos mussten auch über Jahre reifen. Löw wird ganz auf die unmittelbare Turniervorbereitung Ende Mai setzen. „Jungen Spielern, die Potenzial haben, muss man Raum und Zeit geben, sich zu entwickeln“, lautet Löws Credo für das EM-Jahr, das auch seine persönliche Zukunft maßgeblich bestimmen wird.