Mit Franz Schubert in die Zukunft
Die letzten drei Klaviersonaten des Komponisten hat der Düsseldorfer Pianist Tobias Koch jetzt auf einem historischen Hammerflügel aufgenommen.
DÜSSELDORF Der späte Schubert ist scheinbar ein Widerspruch in sich. Der große Komponist starb im Alter von 31 Jahren, da ist man nicht alt und nicht spät, es sei denn, das Leben ist in wahnsinniger Beschleunigung abgelaufen – als Alterung im Zeitraffer. So war es bei Schubert auch, manchmal hat er pro Woche zahllose Werke geschrieben. Wann soll in diesem Kontinuum der Produktivität
das Spätwerk begonnen haben?
Trotzdem gibt es bei Schubert wie auch bei Mozart und Beethoven einen „späten“Ton, etwas Zusammenfassend-Finales, gleichsam Kadenz und Coda in einem. Schubert wurde immer radikaler im Tonfall der Vereinzelung, der Verknappung, und zugleich wagemutiger. Ein Winterreisender auf der Suche nach dem letzten und dem neuen Sinn.
Der 1968 in Kempen geborene, seit langer Zeit in Düsseldorf lebende Pianist Tobias Koch hat sich nun in die Krypta der drei letzten Klaviersonaten
Schuberts begeben, und man kann nicht sagen, dass er mit dem Staubsauger und dem Wischmopp durch die ehrwürdigen Räume gefegt ist. Koch hat mitunter die Haltung des Staunenden, der die Dinge an ihrem Platz lässt, und da er auf einem wundervollen Hammerflügel von Conrad Graf (Wien, 1835) aus dem Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum spielt, dringt tatsächlich ein historisch verbürgter Klang ans Ohr des Hörers.
Produziert wurde die Edition für das Innsbrucker Label Musikmuseum (Vertrieb: Note 1), doch in Wirklichkeit ist hier nichts museal. Vorsicht, Dezenz, filigranes Wirken – das ist das eine. Auf der anderen Seite steht Koch dem Modernen, Zukunftsweisenden bei Schubert gleichsam kameradschaftlich zur Seite, er erkennt in ihm einen Influencer für Musik, die nach ihm kam.
Koch spielt das wahrhaft großmeisterlich, die A-Dur-Sonate gelingt ihm preiswürdig. Über das unfassbar langsame Tempo des Kopfsatzes der B-Dur-Sonate D 960 möchte man mit ihm, wenn das irgendwann wieder geht, in einem Weinhaus bei einem Heurigen streiten. Wahrscheinlich gewinnt am Ende Schubert, wie immer.
Info „Zukunftsmusik – Franz Schuberts letzte drei Klaviersonaten“. Erschienen beim Label Musikmuseum; drei CDs (Vertrieb: Note 1).