„Ich kenne das Gefühl, in einem Land fremd zu sein“
Die neue Integrationsmanagerin und Ehrenamtskoordinatorin erzählt, warum ihr die Arbeit im Sozialamt so viel Freude macht.
HAAN Die Stadt möchte geflüchteten Menschen dabei helfen, in Haan nicht nur eine Bleibe, sondern eine neue Heimat zu finden. Sie hat ihr Integrationsmanagement neu gestaltet und neu besetzt: Schwerpunkte von Christine Kadach, die das Amt seit Oktober innehat, sind ein Integrationskonzept und die Koordination der ehrenamtlichen Helfer, die sich für Flüchtlinge in Haan engagieren.
Für Ihr Engagement für Geflüchtete gab es einen Schlüsselmoment. Kadach Ja. Das war 2015, zu Beginn der damaligen Flüchtlingswelle. Da habe ich mir gedacht: Da muss man etwas tun, da möchte ich helfen. Ich kenne das Gefühl, in einem fremden Land anzukommen und weiß, wie wertvoll die Hilfe von Menschen ist, die einen dabei unterstützen, selbständig zu werden. Ich selbst bin vor 30 Jahren aus Rumänien nach Deutschland eingewandert, und auch wenn das nicht ganz vergleichbar ist mit jemandem, der aus einer völlig anderen Kultur hierher kommt, kann ich mich dennoch sehr gut in die Lage der geflüchteten Menschen hineinversetzen.
Sie sind Diplom-Finanzwirtin und haben bis 2016 im Hildener Finanzamt gearbeitet.Wie kam der Schritt in Richtung Sozialamt?
Kadach Für die Bezirksregierung habe ich damals schon innerhalb des Finanzamtes ein halbes Jahr bei der Organisation zur Ankunft der Flüchtlinge geholfen. Das hat mir sehr viel Freude gemacht und ich habe mich entschieden, in einen sozialen Beruf zu wechseln. Das ist gar nicht so einfach, wenn man 20 Jahre im gleichen Unternehmen gearbeitet, dort auch schon seine Ausbildung gemacht hat. Aber ich bereue den Schritt nicht. In der Haaner Stadtverwaltung arbeite ich jetzt seit vier Jahren, das macht es mir bei meiner neuen Aufgabe leichter. Denn Integrationshilfe endet ja nicht beim Sozialamt, sondern geht weiter, etwa beim Schulamt oder Jugendamt. Da kann ich auf kurzem Wege Kollegen, die ich bereits kenne, auf Themen ansprechen.
Warum machen Sie Ihre Arbeit so gern?
Kadach Sie ist wichtig, wie mir der hohe Rede- und Klärungsbedarf all meiner Ansprechpartner zeigt. Und sie macht sehr viel Spaß, ist vielseitig und macht mich zu einem Teil des großen Netzwerkes aus Helfern, die es in unserer Stadt gibt. Ich freue mich auf viele nette Kontakte und Anregungen für die Arbeit. Zudem wohne ich auch Haan und finde es wichtig und richtig, sich im Wohnort zu engagieren und dort etwas zu bewegen.
Wie genau sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Kadach Er ist zweigeteilt: Zum einen erarbeite ich gerade ein Integrationskonzept, arbeite also viel in der Theorie. Das ist das einzig Positive daran, dass derzeit keine persönlichen Treffen oder Veranstaltungen möglich sind: Man hat mehr Zeit für konzeptionelle Arbeit. Ergänzt wird dieses Monitoring aber durch viele praktische
Erfahrungen, weil ich auch in der Corona-Zeit telefonisch, per E-Mail oder Video mit vielen Ehrenamtlern zu tun habe und diesen Input einfließen lasse. Mit einigen Helfern bin ich wirklich in ständigem Kontakt, weil einfach jede Menge zu tun ist.
Gibt es ein Thema, welches bei Ihnen ganz oben auf der Agenda steht? Kadach Digitalisierung. Die Corona-Zeit macht sehr deutlich, dass es hier Nachholbedarf gibt, sei es für Schüler, Auszubildende oder Absolventen eines Deutschkurses. Das gilt nicht nur für meinen Bereich, aber ganz klar auch hier.
Wie wird sich Ihre Arbeit verändern, wenn die Pandemie vorbei ist?
Kadach Es wird endlich die „runden Tische“geben, die ich plane, weil mir ganz wichtig ist, alle Beteiligten zu einem Thema zusammenzubringen. So erzielt man die besten Ergebnisse. Auch werden dann wieder Feiern zum Kennenlernen und Vernetzen möglich sein. Es ist einfach noch einmal etwas anderes, sich persönlich zu treffen als in einer Videokonferenz. Ganz wichtig ist mir der Tag des Ehrenamts im Dezember und dass die Ehrenamtler auch sonst gewürdigt werden. In Haan gibt es wirklich unglaublich viele Privatpersonen, Vereine und Organisationen, die sich ehrenamtlich engagieren. Das sollte man unbedingt wertschätzen.