Im Füchschen wird das Fassbier zu alt
Die Hausbrauereien fuhren im Lockdown ihre Produktionen herunter, weil Restaurants und Kneipen geschlossen sind. Probleme bereitet aber nicht nur der Absatzeinbruch: Bei eingelagerten Fässern läuft das Haltbarkeitsdatum ab.
DÜSSELDORF Der verlängerte Lockdown hat weiterhin Konsequenzen für die Düsseldorfer Hausbrauereien. Die Bierbrauer befürchten teilweise, dass für sie erst nach Ostern wieder ein Stück Normalität einkehrt, deshalb produzieren sie derzeit ihr Altbier nur in reduzierten Mengen. Eine gute Nachricht für die Abnehmer: Gibt es Aussicht auf das Ende des Lockdowns, können die Hausbrauereien schnell reagieren und ihre Anlagen wieder hochfahren.
Im Schlüssel an der Bolkerstraße produziert Braumeister Dirk Rouenhoff mit dem sechsköpfigen Team rund 2000 Hektoliter Altbier im Monat. Das sind 200.000 Liter – allerdings waren das die monatlichen Mengen vor der Corona-Pandemie. „Jetzt haben wir die Produktion auf rund die Hälfte heruntergefahren und auch die Mitarbeiter in der Brauerei sind auf 50 Prozent in Kurzarbeit“, sagt Rouenhoff. Weil das eigene Brauhaus sowie die Restaurants und Kneipen, die das Schlüssel-Altbier ausschenken, geschlossen sind, ist die Fassbierproduktion erheblich eingebrochen. „Wir haben den Vorteil, dass wir auch ein Flaschenbier anbieten und die Anlagen halbwegs weiterlaufen können“, sagt der Braumeister mit Diplom. Hätten die Maschinen stillgestanden, hätten die Brauer Probleme mit der Hefe bekommen. Rouenhoff sagt, dass sie dann „verhungert“wäre und erklärt: „Man kann die Hefe nicht unbegrenzt lagern. Sie muss regelmäßig mit Malzzucker versorgt werden und deshalb ist es wichtig, den Braubetrieb zumindest auf Sparflamme aufrechtzuerhalten.“
Während das komplette Herunterfahren Schwierigkeiten bereitet hätte, kann das Bier in Strömen wieder fließen, wenn ein Ende der „Lockdown-Durststrecke“in Sicht ist. Das Hochfahren sei anlagentechnisch kein Problem, benötigt werde nur eine kurze Anlaufzeit. Rouenhoff sagt: „Das geht von einem Tag auf den anderen.“Schlüssel-Inhaber Karl-Heinz Gatzweiler glaubt aber nicht daran, dass dies schon bald der Fall sein wird. Er hält einen Zeitpunkt nach Ostern für realistisch. „Wir haben zu wenig Infos. Wir wissen nicht, wann und wie es weitergeht, sondern bekommen nur Durchhalteparolen zu hören“, ärgert sich Gatzweiler über die Politik.
Alleingelassen fühlt sich auch Füchschen-Chef Peter König. Ihm fällt es zurzeit schwer, im Geschäft zu sein und die Ruhe zu ertragen. Er wartet auf den Tag, an dem im Füchschen wieder das Alt ausgeschenkt werden darf, denn hinzukommt, dass an den eingelagerten Bierfässern die Zeitbombe des Mindesthaltbarkeitsdatums tickt. „Das ist der Albtraum“, sagt König. Etwa 2000 bis 3000 Liter Altbier, das im Oktober abgefüllt wurde, könnten im schlimmsten Fall im Gully landen. „Das täte weh“, sagt König, der aber die Hoffnung hat, dass ihm eine Schnapsbrennerei das Alt noch abnimmt und daraus einen Bierbrand macht.
Hans-Peter Schwemin, Chef des Kürzer, warnt davor, das Risiko einzugehen und die Betriebe kurzfristig hochzufahren, um dann doch wieder bei steigenden Inzidenzzahlen zurückzurudern. „Dann kann man uns besser noch vier Wochen dichtlassen.“Schwemin hält es auch für problematisch, nur unter Corona-Auflagen zu öffnen: „Dann verliert man Geld beim Arbeiten. Außerdem funktioniert ein bisschen Altstadt-Kneipe nicht. Die Leute wollen eng beieinanderstehen, quatschen und flirten.“Auch aus
Schwemins Sicht ist dies frühestens nach Ostern möglich und nicht jetzt im Winter, wenn sich seine Gäste nur im Kürzer – und nicht wie im Sommer – auch auf der Kurze Straße aufhalten können. „Das Hochfahren irgendwann ist kein Problem, aber damit müssen wir uns noch nicht beschäftigen. Vielmehr ist es ein Trauerspiel, dass die Hilfen nicht ankommen. Es sind erst 30 Prozent von dem da, was zugesagt wurde. Das bereitet zusätzliche Sorgen.“
Im Kürzer dauert es 14 Tage, bis ein Fass Bier gebraut ist. Etwa 2000 Liter könnten am Tag produziert werden. Das sind Mengen, die Schwemin momentan nur für das Flaschenbier aber nicht benötigt. Auch Michael Schnitzler, Geschäftsführer im Uerige, berichtet von einer Produktion „auf niedrigem Niveau“. Für einen Re-Start benötige das Uerige rund zwei Wochen Vorlauf, um wieder die gewohnten Mengen Alt herzustellen.
Thea Ungermann, Geschäftsführerin des Schumacher, ist vorsichtig optimistisch, Mitte März wieder zu öffnen. Im vergangenen Jahr sei der Bierabsatz „drastisch eingebrochen“. Er litt auch deswegen, weil bei den Heimspielen der Fortuna keine Zuschauer zugelassen sind und das Schumacher Altbier-Partner der Arena in Stockum ist. Für die Wiedereröffnung ist Ungermann aber vorbereitet: „Wir sind schon immer flexibel gewesen und haben daher bereits genug Bier bevorratet. Da wir eine Altbier-Manufaktur sind, können wir jederzeit die Produktion und damit auch die Bedarfsmenge selbst anpassen.“Jetzt geht es für sie nur noch darum – zumal die ersten Abschlagszahlungen „ein Tropfen auf den heißen Stein“waren –, „irgendwie durch die Pandemie zu kommen“.