Die Waschbären sind auf dem Vormarsch
Auf rund 60 Exemplare allein im Raum Gruiten schätzen Jäger den Bestand – Tendenz steigend. Das ärgert Hausbesitzer und Vogelschützer.
HAAN Seinen ersten Waschbären in der Region hat Armin Dahl vor etwa zehn Jahren gesehen: „Das Tier war allerdings tot und lag auf dem Standstreifen der Autobahn 3“, erinnert sich der Umweltschützer von der Haaner Agnu (Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt). Es ist neben dem Abschuss durch Jäger die häufigste Todesursache der niedlich aussehenden Tierart, die allerdings, um im Bild zu bleiben, „mit allen Wassern gewaschen ist“.
„Waschbären sind sogar in der Lage, Dachpfannen anzuheben“, berichtet Karl-August Niepenberg: „Dann zerstören sie die Abdichtung und machen es sich im Dachstuhl gemütlich.“Auf mindestens 60 Exemplare allein im Raum Gruiten schätzt der Jäger den Bestand. Die Entwicklung der Population sei dramatisch. Zwölf Tiere hat er im vergangenen Jahr erlegt. Noch lange nicht genug, meinen manche Hausbesitzer: „Es vergehen keine zwei Wochen, in denen nicht eine Klage bei uns eingeht, weil ein Waschbär wieder etwas angestellt hat“, berichtet Niepenberg.
Aber auch Vogelschützer hätten Probleme mit dem größten Vertreter der Kleinbären, der bis zu neun Kilo schwer werden kann, weiß Armin Dahl. Geplünderte Vogelnester seien oft auf Waschbären zurückzuführen: „Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass auch Katzen Vogeleier und Jungvögel nicht verschmähen.“Dennoch: Bei der Jagd nach Beute sind Waschbären in der Lage, selbst schwierige Hindernisse zu überwinden. So hat der Haaner Naturschutzwart Hans-Joachim Friebe einmal beobachtet, wie ein solcher Bär an einer glatten Holzwand hochkletterte und es sogar schaffte, ein frei hängendes Vogelhaus leerzufressen.
Solche Beobachtungen sind allerdings selten: Denn Waschbären sind überwiegend nachtaktive Raubtiere. Sie leben bevorzugt in gewässerreichen Laub- und Mischwäldern. Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit kommen sie allerdings zunehmend auch in Salzwiesen und urbanen Gebieten vor.
In Gruiten haben sie sich vor allem im Bereich der Grube 7 breitgemacht – und auch das wird von manchen Naturschützern nicht gern gesehen. Denn dort bedrohen sie den Bestand an Amphibien.
Dabei sind Waschbären Allesfresser. Sie ernähren sich zu etwa 40 Prozent von pflanzlicher Kost, zu 33 Prozent von Weichtieren und zu 27 Prozent von Wirbeltieren. Sie gelten als intelligent und haben vor allem ein hervorragendes Gedächtnis: In
Versuchen konnten sie sich selbst nach drei Jahren noch an die Lösung einer früher gestellten Aufgabe erinnern. Insofern wird ein Waschbär, der einmal eine Mülltonne geöffnet hat, nicht mehr vergessen, wie das funktioniert.
Aber auch Leute, die Katzenfutter vor die Tür stellen, bereiten Familie Waschbär ein verlockendes Buffet zu, weiß Karl-August Niepenberg zu berichten. Und erst einmal angelockt, machen es sich die Tiere gerne in der Nähe der Menschen gemütlich – „manchmal eben auch unterm Dach“.