Olympia ade
DÜSSELDORF So zäh es auch über Jahre damit vorangegangen war, die Bemühungen einer privaten Initiative in eine offizielle deutsche Olympia-Bewerbung zu gießen, so zügig fuhren die Beteiligten nun binnen weniger Tage das Ganze vor die Wand. Erst überraschte das Internationale Olympische Komitee (IOC) die deutsche Seite (mal mehr, mal weniger – je nach Tagesform der Aussagen) mit der Favorisierung des australischen Brisbanes als Gastgeber für 2032. Dann starteten Olympia-Initiator Michael Mronz und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Freitag das „blame game“und schoben die Schuld am Rückschlag dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zu. Der schüttelte sich übers Wochenende und machte nun am Montagvormittag aus dem Rückschlag eine Beerdigung der kompletten Idee. Er halte ein Festhalten an einer Bewerbung der Rhein-Ruhr-Initiative für falsch, weitere Bemühungen in Deutschland um Olympia in elf Jahren seien „unter Einhaltung der mit allen Beteiligten abgestimmten entscheidenden Voraussetzungen unmöglich“, teilte der DOSB mit.
Unmöglich ist in diesem Zusammenhang das treffendste Adjektiv. Denn unmöglich erscheint es eben für Deutschland, nach 1972 wieder Olympische Spiele auszurichten. Rechnet man die Rhein-Ruhr-Initiative ein, bekam das Sportland D zuletzt dreimal nicht einmal die Bewerbung hin, gescheitert wurde viel früher. Für ein Land, dem Organisationstalent, Wirtschaftskraft und Sportbegeisterung attestiert werden, ist das ein Armutszeugnis.
Deutschland wirkt 2021 von einer Gastgeberrolle bei Olympischen Spielen weiter entfernt als von einer eigenen Mars-Mission. Und zuvorderst der DOSB gleicht in punkto
Bewerbungselan einem Kleinkind, das sich so oft die Finger an der heißen Herdplatte verbrannt hat, dass es die Küche nun gänzlich meidet. Fußballtrainer Jürgen Klopp sagt in einem Werbespot: „Ich glaube nicht daran, dass die Angst vorm Verlieren dich eher zum Sieger macht als die Lust auf Gewinnen“. Doch genau das beschreibt deutsche Olympiabemühungen ziemlich treffend: Sie werden bestimmt von der Angst zu verlieren, zu scheitern – immer wieder zu scheitern. Die Hintertür raus aus den Bemühungen ist über die Jahre zum Hauptportal geworden.
„Das Schlimmste wäre, wenn man jetzt den Kopf in den Sand stecken würde. Ich sehe das nicht als ein Aus für jegliche Olympiabewerbungen aus Deutschland“, sagte Claudia Bokel am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion. Die Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes war jahrelang Mitglied der IOC-Exekutive, kennt den olympischen Kosmos also gut. Auch Michael Vesper, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des DOSB, und als NRW-Sportminister mitverantwortlich für die letztlich erfolglose Bewerbung Düsseldorfs um die Spiele 2012, warnt vor Fatalismus. Das IOC biete „den neuen sogenannten ,kontinuierlichen Dialog’ an, bei dem man jederzeit für ein gutes, nachhaltiges Konzept werben kann, das der ehrgeizigen Olympischen Agenda entspricht. Wenn man dafür ein klares Commitment des DOSB und die Unterstützung durch Bevölkerung und Bundesregierung bekommt, kann es gelingen“, sagte er unserer Redaktion.
Doch vom Gelingen ist seit Montag nicht mehr die Rede – selbst wenn DOSB-Präsident Alfons Hörmann am Nachmittag unkonkret nachschob, trotz des Zerwürfnisses mit der Olympia-Bewerbung aus der Rhein-Ruhr-Region halte er einen erneuten Anlauf für möglich. Die Frage, die sich nicht zum ersten Mal stellt, lautet: Wie konnte es soweit kommen? Die Antwort: Weil die drei wichtigsten Triebfedern für eine erfolgreiche Bewerbung – der organisierte Sport, die Politik und die Bürger – keinen gemeinsamen Weg zum Ziel gefunden haben. Viele Menschen verbinden ofallen fenbar mit dem IOC – Nachhaltigkeits-Bekundungen zum Trotz – Gigantismus, Kostenexplosionen, Bausünden und Korruption. Solche Attribute begeistern keine Massen. Sie schrecken ab und mobilisieren Widerstand wie zuletzt bei den Bewerbungen Münchens und Hamburgs, bei denen jeweils ein Bürzog. gervotum den Stecker So viel Gegenwind hat in der Folge die Pozögerlich litik und den DOSB gemacht. Gegen die Menschen macht halt keiner Politik, der wiedergeschrieb wählt werden n will. Also man sich die Einbindung und Überzeugung der Bürger auf die Fahnen. Aber eher plakativ. Nicht detailliert. Das Thema „Bewerbung um Olympische Spiele“ist eins, mit dem man im Ungefähren punkten kann. Ideale, Fairness, Wettkampf, Emotionen – alles toll. Sobald aber Kosten auf den Tisch kommen, verliert es an Attraktivität. Die Angst vorm Scheitern wächst. Die Lust am Erfolg gerät ins Hintertreffen. In den Sand gesetzte Bewerbungen haften an einem Politiker, sie haften am DOSB-Präsidenten. Gar keine Bewerbung haftet an niemandem.
Was es braucht, um Olympia in diesem Land wiederzubeleben, ist ein selbstbewusstes Konzept, das die Bürger einbindet und dem IOC die Zukunft der Spiele vor Augen führt. Es braucht einen mutigen DOSB, der Hintertüren zumauert. Und es braucht eine Politik, deren Unterstützung sich schneller von Fensterreden in konkrete Unterstützung wandelt. Die Rhein-Ruhr-City-Initiative besitzt gute Ansätze. Aus ihnen für später zu lernen, ist das, an was die Olympische Idee in Deutschland sich klammern muss. Denn es ist momentan das einzige, was es gibt.