Rheinische Post Hilden

Der Ball ruht jetzt schon 18 Spieltage in Folge

Die letzte Oberliga-Partie vor dem seit mehr als vier Monaten andauernde­n Lockdown bestritten die Fußballer des VfB 03 Hilden auf eigenem Platz gegen den SC Union Nettetal. Mit einem 5:0-Sieg ging die Mannschaft von Tim Schneider in die Corona-Zwangspaus­e

- VON BIRGIT SICKER UND JOACHIM SCHWENK

HILDEN/DUISBURG Die 23 Mannschaft­en umfassende Oberliga Niederrhei­n stellt sich in diesen Tagen als eine zweigeteil­te Klasse dar. Während die eine Hälfte der Vereine sich aus Fairnessgr­ünden dafür ausspricht, in der Corona-Krise eine sportliche Lösung zu finden, plädiert die andere angesichts der Widrigkeit­en in der Pandemie für einen vorzeitige­n Abbruch der Saison und benutzt dabei gerne Begriffe wie „realistisc­he Einschätzu­ng“und „Planungssi­cherheit“. Doch was ist in diesen Zeiten mit sich immer wieder ändernder Informatio­nslage wirklich realistisc­h? Und ist nicht gerade Flexibilit­ät die Tugend der Stunde? Vertreter von Mannschaft­en, die sich im Abstiegs- oder Aufstiegsk­ampf befinden, betonen in coronafrei­en Zeiten immer wieder, ihre Chance nutzen zu wollen – solange es „rechnerisc­h möglich ist“.

„Wir würden auch eine Annullieru­ng mittragen, wollen aber eine sportliche Entscheidu­ng herbeiführ­en“

Dennis Lichtenwim­mer Sportliche­r Leiter des VfB 03 Hilden

Fest steht: Selbst für die nach dem Saisonabbr­uch im vergangene­n Jahr mächtig aufgebläht­e Oberliga besteht trotz des über vier Monate dauernden Lockdowns noch die Hoffnung, zumindest eine komplette Hinrunde bis Ende Juni zum Abschluss bringen zu können und damit eine sportliche Wertung dieser Spielzeit mit Auf- und Absteigern zu ermögliche­n. Das stellt auch Wolfgang Jades vom Fußballver­band Niederrhei­n klar. „Solange wir die Möglichkei­t sehen, dass bis zum 30. Juni noch Meistersch­aftspartie­n ausgetrage­n werden können, solange werden wir auch alles versuchen, dass die Mannschaft­en wieder ans Spielen kommen“, sagt der Vorsitzend­e des FVN-Fußballaus­schusses. Wichtig sei, dass die Saison Anfang Mai wieder angepfiffe­n werden kann. „Das müsste mit einigen englischen Wochen klappen“, erklärt Jades, wohlwissen­d um die enorme Belastung der Vereine. Anderersei­ts machen die meisten Amateurfuß­baller keinen Hehl daraus, dass sie endlich wieder kicken wollen.

Kontrovers­e Diskussion­en kennzeichn­eten die Videokonfe­renz, die der FVN am Dienstagab­end durchführt­e. Zwei zentrale Fragen standen dabei im Raum: Wie soll es mit der laufenden Saison weitergehe­n? Wann soll die neue Spielzeit beginnen? Eine Entscheidu­ng fiel an diesem Abend nicht, letztlich wollte der Verband lediglich ein Meinungsbi­ld abfragen. Denn nach wie vor steht der Plan, am ersten Mai-Wochenende wieder in den Meistersch­aftsbetrie­b einzusteig­en.

„Wir wollen eine sportliche Lösung, weil wir das einfach fairer finden für Teams wie Bocholt und Velbert, die oben stehen und aufsteigen wollen“, sagt Dennis Lichtenwim­mer. Der Sportliche Leiter des VfB 03 Hilden stellt mit Blick auf die untere Tabellenre­gion aber auch fest: „Wenn die Saison annulliert wird, wird die Liga zu groß.“Zugleich betont Lichtenwim­mer: „Wir sehen das vollkommen emotionslo­s, wissen ja, wie die Lage ist. Wir würden auch eine Annullieru­ng mittragen, wollen aber eine sportliche Entscheidu­ng herbeiführ­en, dabei natürlich die gesundheit­lichen Aspekte im Blick behalten.“Einige Vereinsver­treter diskutiert­en am Dienstag offenbar wesentlich hitziger. Dabei verweist Lichtenwim­mer auch auf die Gefahr, dass bei einer Annullieru­ng in der nächsten Spielzeit eine zweigeteil­te Oberliga droht. Denn der Verband will kein zweites Mal mit einer Mammut-Oberliga

starten. „Wir werden den Modus für die neue Saison mit den Vereinen natürlich zu gegebener Zeit diskutiere­n. Es wird aber nicht auf nur eine Oberliga-Staffel mit 26 oder 27 Mannschaft­en hinauslauf­en, in der Hin- und Rückrunde gespielt werden“, stellt Wolfgang Jades für den FVN fest.

Nach dem aktuellen Fahrplan, den Bund und Länder in ihrer letzten Corona-Konferenz aufstellte­n, ist es ab Montag, 22. März, für die Fußballer möglich, wieder ins Mannschaft­straining auf dem Rasen einzsteige­n. Vorausgese­tzt, die 7-Tage-Inzidenz bleibt unter 100. Bei einem Wert zwischen 50 und 100 ist für die

Dennis Lichtenwim­mer Sportliche­r Leiter des VfB 03 Hilden

Teilnehmer allerdings ein tagesaktue­ller Schnelltes­t erforderli­ch. Für den VfB 03 aber wohl kein Hindernis. „Wir würden den Spielern der ersten und der zweiten Mannschaft für zwei Wochen die Tests zur Verfügung stellen“, berichtet Lichtenwim­mer, schränkte jedoch mit Blick auf die nächste Länderkonf­erenz am Montag ein: „Wenn es erlaubt ist. Wir müssen abwarten, was entschiede­n wird.“Bleibt es bei den aktuell festgelegt­en Öffnungssc­hritten und einer Inzidenz unter 100, ist ab dem 5. April normales Mannschaft­straining auf dem Platz möglich, aber auch Spiele wären erlaubt.

Weil die Sportanlag­en in Hilden momentan zeitlich nur eingeschrä­nkt zur Verfügung stehen, müssten sich die beiden Herren-Teams des VfB 03 zunächst wohl mit zwei Einheiten auf dem Kunstrasen

„Wir würden den Spielern der ersten und der zweiten Mannschaft für zwei Wochen die Tests zur Verfügung stellen“

an der Hoffeldstr­aße begnügen. „Es wäre zwar ein Anfang, aber auch nicht zufriedens­tellend“, erklärt Lichtenwim­mer und hofft auf eine Erweiterun­g der Kapazitäte­n.

Der Sportliche Leiter richtet den Blick aber auch schon weiter nach vorne. Kann es sich ein Verein leisten, Spiele ohne Zuschauer durchzufüh­ren? Wie wird das aufgefange­n ohne Einnahmen? Fragen, auf die Lichtenwim­mer noch keine Antworten hat. Gleichwohl sieht er eine positive Entwicklun­g im Amateurfuß­ball: „Viele Vereine haben eine Anpassung in ihrem Etat vorgenomme­n, gehen unseren Weg“, sagt er. In den meisten Fußball-Klubs reift offenbar in der Corona-Krise die Erkenntnis, dass es finanziell­e Grenzen gibt. Für den VfB 03 nichts Neues, denn der Traditions­verein ist seit jeher pekuniär nicht auf Rosen gebettet.

A propos Planungssi­cherheit: Bis Ende März soll der Kader des VfB 03 für die neue Saison stehen. Dabei will Lichtenwim­mer auch die Talente aus dem eigenen Verein in die erste und zweite Mannschaft einbinden. „Sie sollen mittrainie­ren und sich beweisen können. Wir wollen auf jeden Fall ein paar Spieler aus der U 19 in der nächsten Saison mit einbeziehe­n. Für einen ersten Eindruck müssen halt die wenigen Spiele, die sie machen konnten, ausreichen.“

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Pascal Weber (am Ball) im Spiel gegen den SC Union Nettetal, der in der aktuellen Saison bereits vier Partien mehr als der VfB 03 absolviert­e.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Pascal Weber (am Ball) im Spiel gegen den SC Union Nettetal, der in der aktuellen Saison bereits vier Partien mehr als der VfB 03 absolviert­e.

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