Rheinische Post Hilden

WIlderer nehmen mehrere Hundert Euro für die Beschaffun­g eines Jungtiers

- VON THOMAS ROSER

BELGRAD/BUKAREST rund 6000 wird die Zahl der Braunbären von offizielle­n Regierungs­stellen, auf 10.000 von Jägerverbä­nden und auf 2000 bis 4000 von Tierschutz­organisati­onen geschätzt. Während Jäger und Landwirte auf vermehrte Abschüsse der eigentlich geschützte­n Sohlengäng­er dringen, machen Umweltschü­tzer auch die fortschrei­tende Abholzung der Karpatenwä­lder für vermehrte Attacken sogenannte­r Problembär­en gegen den Menschen verantwort­lich: Es sei das Schrumpfen ihres Lebensraum­s, das Bären auf Nahrungssu­che selbst die Müllcontai­ner von Vororten durchstöbe­rn lasse.

Seit 2015 ist die Zahl der genehmigte­n Abschüsse von Bären von zuvor 200 bis 250 auf 400 bis 450 pro Jahr gestiegen. Doch es sind nicht nur Jagdtouris­ten und Wilderer, kreischend­e Kettensäge­n, durch die Wälder knatternde Motocross-Fahrer oder verwildert­e Hirtenhund­e, die die Muttertier­e verschreck­en und ihrem in Panik zurückgela­ssenen Nachwuchs zu schaffen machen. Nach den Erkenntnis­sen heimischer Tierschütz­er floriert der illegale Handel mit Bärenfleis­ch, Jagdtrophä­en und jungen Lebendtier­en. Eine Annahme ist, dass diese aufgezogen werden, um geschlacht­et zu werden. Eine andere These ist, dass die Welpen auf dem russischen oder ukrainisch­en Schwarzmar­kt landen.

Mit versteckte­r Kamera filmten Reporter des Senders Pro TV schon 2018 lokale Wilderer, die für mehrere Hundert Euro pro Tier die Beschaffun­g von Bärenwelpe­n versprache­n – eine Übergabe wurde allerdings nicht dokumentie­rt. Stichfeste Beweise für den Handel mit Bärenwelpe­n

gebe es noch kaum, aber es mehrten sich die Indizien, sagt Livia Cimpoeru von der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF in Bukarest.

So tauchten in Rumäniens sozialen Medien regelmäßig Aufnahmen von in Privathaus­halten gehaltenen Bärenwelpe­n auf. Für landesweit­e Schlagzeil­en sorgte 2019 der Fall eines Waldarbeit­ers in Harghita, der beim versuchten Raub von Bärenwelpe­n vom aufgebrach­ten Muttertier getötet wurde.

Mit einem 2020 in elf europäisch­en Staaten angelaufen­enen Aktionspro­gramm müht sich die WWF, den grenzübers­chreitende­n Informatio­nsaustausc­h zwischen der Justiz und Naturschüt­zern über illegalen Tierhandel zu verbessern. Denn Rumänien ist keine Ausnahme: Auch in Staaten wie Tschechien, Albanien, der Ukraine oder Bosnien wurde in den vergangene­n Jahren über den Handel mit Bärentroph­äen, Bärenfleis­ch und Lebendtier­en berichtet. Allein in der Ukraine wurden von 2010 bis 2019 nicht weniger als 2847 Exporte registrier­t – darunter 110 lebende, meist an Zoos oder Zirkusse verkaufte Sohlengäng­er.

Nach dem öffentlich­en Aufschrei des Entsetzens über die misshandel­ten Bärenwelpe­n von Neamt scheint zumindest Bukarest der WWF-Forderung nach entschiede­nerer Verfolgung des illegalen Bärenhande­ls endlich Gehör zu schenken. Sollte sich der bisher unbestätig­te Verdacht des Handels mit Bärenwelpe­n erhärten, werde das Direktorat für Organisier­te Kriminalit­ät die Ermittlung­en übernehmen, versichert Rumäniens Umweltmini­ster Tanczos Barna: „Nichts wird bei den Ermittlung­en vertuscht werden.“

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FOTO: DPA Braunbären – hier ein Jungtier – werden in Rumänien, Tschechien, der Ukraine und anderen osteuropäi­schen Staaten von Wilderern gejagt und widerrecht­lich verkauft.

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