Tempoverstoß im Notfall nur bedingt straffrei
Wer im Notfall in einem Privatauto Kranke fährt, darf unter Umständen schneller sein als erlaubt.
(tmn) Bei Notstandslagen kann der Staat darauf verzichten, Temposünder zu bestrafen – zum Beispiel dann, wenn in einem privaten Auto Verletzte oder Kranke gefahren werden, um sie zu retten. Doch das gilt erst dann, wenn alle anderen Mittel zur Rettung nicht zur Verfügung standen. Wer im Notfall darauf verzichtet, überhaupt einen Rettungswagen zu rufen, geht deshalb nicht straffrei aus, wenn er zu schnell fährt und dabei erwischt wird. Das zeigt ein Beschluss (Az.: 2 RBs 13/21) des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf, auf das der ADAC hinweist.
In dem Fall ging es um einen Arzt, der außerorts 40 km/h zu schnell gefahren und geblitzt worden war. Seinen Einspruch gegen das Bußgeld begründete er damit, dass er seine schwangere Frau ins Krankenhaus fuhr, die in einem lebensbedrohlichen Zustand gewesen sei. Und da in der Corona-Pandemie ein Krankenwagen besonders aufwendig desinfiziert werden muss, würden dadurch
Kapazitäten gebunden. Zudem wisse er als Arzt, dass es bis zum Eintreffen des Krankenwagens mindestens 15 Minuten gedauert hätte. Mit dem Privatauto sei er schneller gewesen.
Die Sache ging vor Gericht – und dort verlor der Arzt. Zwar kann von der Ahndung eines Tempoverstoßes abgesehen werden, wenn eine Notstandslage gegeben war. Doch eine solche sah das OLG hier nicht. Der Tempoverstoß wäre auch erst dann ein geeignetes Mittel gewesen, wenn alle anderen Mittel nicht verfügbar gewesen wären. Hier hatte der Fahrer aber darauf verzichtet, den Krankentransport überhaupt anzufordern. Das Argument, der Krankenwagen brauche länger als der Arzt im Privatauto, überzeugte das Gericht nicht. Denn es wäre bei einer lebensgefährlichen Situation kein Krankentransport, sondern ein Rettungswagen geschickt worden – und aufgrund von Sonderrechten hätte dieser schnell vor Ort sein können.