Düsseldorfer halten sich an die Ausgangssperre
Ab Samstagabend 22 Uhr galt bis zum nächsten Morgen um 5 Uhr in der gesamten Stadt die Sperrstunde. Im Zentrum waren kaum noch Passanten unterwegs. Ordnungsamt und Polizei sind zufrieden mit der Bilanz des Abends. Bußgelder wurden nicht verhängt.
DÜSSELDORF Seit Samstag dürfen sich Düsseldorfer in der Zeit von 22 bis 5 Uhr nicht mehr draußen aufhalten. Individualsport wie alleine Joggen oder Spazieren bleibt erlaubt, ebenso mit dem Hund Gassi gehen oder sich auf den Weg zur Arbeit machen. Viel Arbeit hat der Ordnungs- und Servicedienst (OSD) der Stadt erwartet. Mit Unterstützung der Polizei sind am Samstagabend mehrere Teams in der Altstadt unterwegs. Ein Sprecher der Polizei sagt, die Nacht sei „erstaunlich ruhig“. Bei den Kontrollen ginge es nicht darum, Bußgelder zu verhängen, sondern die Menschen zunächst darauf aufmerksam zu machen, dass die Ausgangssperre gilt. Sollte man auf hartnäckige Regelbrecher oder Gruppen stoßen, greife man allerdings durch.
Dirk Müller-Weidlich ist Teamleiter beim OSD, gemeinsam mit Jens Kucklick und Andreas Kirmaier ist er um kurz vor 22 Uhr auf dem Burgplatz unterwegs. An der Treppe, wo sonst schon mal die Gitter beiseite geräumt werden, ist weit und breit kaum jemand zu sehen. In Richtung Altstadt werden gemeinsam mit der Polizei einige Passanten freundlich angesprochen: „Denken Sie bitte an die Ausgangssperre.“Eine Dame führt ihren Chihuahua spazieren. Der kleine Hund trägt einen rosafarbenen Mantel, es ist kalt draußen.
In der Altstadt schließen die letzten Pizzerien, viele haben schon vor 22 Uhr dicht gemacht. Zu essen und oder zu trinken gibt es weit und breit nichts mehr, die sonst so beliebten Trinkhallen sind zu. Selbst der Rewe am Carlsplatz – sonst bis 24 Uhr geöffnet und beliebter Treffpunkt von Altstadtbesuchern, die sich noch ein paar Bier und eine Tüte Chips kaufen wollen – ist geschlossen. Vor ein paar Stunden sah das noch ganz anders aus. Tagsüber hielten sich aufgrund des schönen Wetters viele Leute in der Stadt auf, dazu kamen Demonstrationen, die von Ordnungskräften begleitet wurden.
Am Carlsplatz konnte man mitunter den flüchtigen Eindruck gewinnen, als seien bereits alle geimpft und Corona so gut wie vorbei. Vor den Imbiss-Ständen bildeten sich lange Schlangen, Abstand halten war schwer. Doch bis in den Abend geblieben ist so gut wie niemand. Müller-Weidlich und sein Team kennen die oft etwas versteckt liegenden Plätze in der Altstadt, wo sich an lauen Sommerabenden sonst viele Leute aufhalten. An den Treppen im Alten Hafen direkt vor dem Aalschokker wird gerne schon mal „die eine oder andere Sportzigarette geraucht“, sagt Müller-Weidlich. Gemeint sind Gruppen von Jugendlichen, die dort kiffen, sich laut unterhalten und Anwohner nerven, die bis zu 6000 Euro pro Quadratmeter für ihre Eigentumswohnung bezahlt haben. Genauso wie an der Rheintreppe ist dort aber niemand zu sehen.
Vor der Mariensäule in der Carlstadt haben sich ein paar Obdachlose versammelt. „I wish you a good evening“, sagt einer, der offenbar allerbeste Laune hat. Auf Englisch fragt er Müller-Weidlich und sein Team, wo er noch etwas zu essen bekomme könnte. „Nach Hause schicken können wir die nicht, die sind ja draußen zu Hause“, sagt Jens Kuklick. Ein paar Meter weiter am Carlsplatz sitzen fünf Leute gemeinsam am Tisch in der Hotellobby und essen zu Abend. Was auf den ersten Blick erstaunt, ist aber erlaubt. „Das sind Gäste, die hier in Düsseldorf arbeiten und deshalb dort untergebracht
sind“, sagt Kuklick. Essen liefern ist auch gestattet, immer wieder sieht man die Kuriere von Lieferando durch die Gassen der Altstadt flitzen. Freie Fahrt.
Auf der Straße hat der OSD nicht viel zu tun, dafür laufen in der Zentrale die Telefone heiß. „Ich bekomme von der Leitstelle die Rückmeldung, dass viele Leute noch Fragen zur Ausgangssperre haben“, sagt Müller-Weidlich. Vor allem der Passus „Triftige Gründe“zum Verlassen der Wohnung sorgt offenbar für Gesprächsbedarf. Wege zur Arbeit, Gassi gehen und medizinische Hilfe – das ist erlaubt.
Keinen Gesprächsbedarf haben zwei junge Männer, die gegen 23 Uhr leicht alkoholisiert in einer Ecke am Carlsplatz kauern und Bier trinken. „Wir dachten, die Ausgangssperre gilt erst ab Montag“, sagen die beiden und packen ihre Sachen zusammen. Ob sie in Richtung Taxistand gehen? An der Heinrich-Heine-Allee stehen sonst bis zu 100 Fahrzeuge, nun sind es nicht mehr als eine Handvoll.
Mit einer Altstadt, wie man sie kennt, hat das alles nichts mehr zu tun. „Es ist schon ein bisschen unheimlich“, sagt Müller-Weidlich. Er hilft noch schnell zwei Japanern, die sich trotz Google-Fußgänger-Navigation auf ihrem Handy verlaufen haben. „Ich hoffe, dass die Abende in den kommenden Wochen auch so ruhig bleiben“.