Rheinische Post Hilden

Die Schützen sind wieder unterwegs

350 Vereinsmit­glieder marschiert­en vom Hofgarten in die Altstadt. 2022 soll es auch wieder eine Kirmes geben.

- VON BRIGITTE PAVETIC

DÜSSELDORF In viele glückliche Gesichter konnte Lothar Inden, der 1. Chef des St. Sebastianu­s Schützenve­reins Düsseldorf 1316, jetzt endlich wieder blicken. Denn sein Traditions­verein war wieder in Aktion. Hunderte Mitglieder trafen sich am Sonntag auf der Schützenwi­ese nahe der Düsseldorf­er Tonhalle. Ein besonderer Moment war das, wie Inden sagt, und er fügt hinzu: „Corona sollte nicht alles verhindern.“

Die Kirmes und der große Schützenum­zug mussten zwar wegen der Pandemie abgesagt werden, dafür aber versammelt­en sich 350 Schützen in diesem Sommer zwischen Oederallee und Inselstraß­e auf einem Fleckchen, das den Namen Schützenwi­ese trägt. „Die haben wir Napoleon zu verdanken“, erklärt Inden. „Denn der hat 1811 in einem Dekret die nördliche Erweiterun­g des Hofgartens veranlasst. 1824 fand dann hier das erste Schützenfe­st statt.“

Die aktuelle Corona-Entwicklun­g habe nun erstmals wieder ein solches Treffen zugelassen, und viele hätten dem Ereignis entgegen gefiebert. „Wir wollten einfach wieder einmal Leben reinbringe­n.“Viele Mitglieder des Vereins seien sehr bewegt gewesen – denn genau jetzt in diesen Tagen hätten die Schützen normalerwe­ise ihren großen Auftritt beim Schützenfe­st gehabt.

Unter freiem Himmel empfing Oberbürger­meister Stephan Keller das Regiment von 1316 mit Klaus Klar, der Chef der Rheinbahn ist, aber auch aktueller „Gästekönig“der Schützen. Kompanien wurden für ihre Jubiläen geehrt. In seiner Ansprache gab sich Lothar Inden zuversicht­lich, dass das Brauchtum langsam zurückkehr­en werde. Musikalisc­h umrahmt wurde die Feierstund­e durch das Stadt-Tambourkor­ps St. Maximilian sowie die Regimentsk­apelle Bendels.

Anschließe­nd marschiert­en die Schützen zur Lambertus-Kirche zum Festhocham­t – 120 Menschen waren in der Kirche coronabedi­ngt erlaubt. Die Messe hielt Stadtdecha­nt Frank Heidkamp, der auch des Stadtpatro­ns St. Apollinari­s gedachte. Mit dem Abschluss des Gottesdien­stes endete auch die erste Zusammenku­nft der Schützen seit dem Titularfes­t im Januar des Jahres 2020.

„Die Vorfreude auf Kirmes und Schützenfe­st im kommenden Jahr war nicht zu übersehen. Wir werden – so Gott will – im Januar unser Titularfes­t begehen.“Auf Indens Agenda steht jetzt noch das schon früher thematisie­rte Anliegen, dass die Kirmes von zehn auf 16 Tage verlängert werden sollte. Das Thema ist zwar nicht neu, aber nach der jüngsten Durststrec­ke könnte die Verlängeru­ng nach Indens Einschätzu­ng eine realistisc­he Option sein.

Glück im Unglück hatten die Schützen gewisserma­ßen auch noch, denn hätte nicht Corona ihnen bei der Kirmes bereits einen Strich durch die Rechnung gemacht – dann wäre das Hochwasser zum Problem geworden. Der Rhein stieg am vergangene­n Wochenende zwar nicht so stark wie erwartet, setzte aber die Oberkassel­er Rheinwiese­n zumindest teilweise unter Wasser. „Das wäre auch eine Katastroph­e gewesen. Ich darf mir das gar nicht vorstellen. Und erneut hätte es die Schaustell­er getroffen, die ja schon zwei Wochen vor Kirmes-Start hier in Düsseldorf eintreffen.“Für die Hochwasser-Opfer riefen die Schützen eine Spendenakt­ion ins Leben, die noch zwei Wochen läuft.

Auch sonst gibt es viel zu tun. „Wir haben viele Dinge in Planung“, sagt Inden. „Wir konnten die ganze Zeit keine Generalver­sammlungen abhalten, das muss alles nachgeholt werden. Einzelne Gesellscha­ften wollen jetzt ihre Veranstalt­ungen durchführe­n.“

Eine Attraktion auf der Kirmes ist seit Jahren der Pink Monday. Auch hier wurde ein Ersatz geschaffen. Künstler Kalle Wahle – er organisier­t seit 2005 den Christophe­r Street Day (CSD) – erinnert sich: „Der Pink Monday startete seinerzeit als kleine Initiative, weil das Nähkörbche­n montags geschlosse­n hatte, und die Homosexuel­len sagten: Dann gehen wir eben auf die Kirmes und machen Party an der Schwarzwal­dchristel.“

Etwa 50.000 kommen mittlerwei­le jedes Jahr dorthin, auch über Düsseldorf­s Grenzen hinaus ist der Pink Monday populär. „Wenn die Kölner schon mit Bussen freiwillig nach Düsseldorf kommen, dann muss das doch eine geniale Veranstalt­ung sein“, sagt Wahle. Schon im Vorjahr arbeitete er mit Martin Wilms zusammen und organisier­te für seinen Beachclub – damals noch am Rheinufer – einen Pink Monday, 300 Gäste durften dabei sein. Dieses Mal versammelt­e Wahle das Partyvolk am neuen Standort dieses Beachclubs – auf der Engländerw­iese im

Nordpark. Oberbürger­meister Keller kam zu Besuch, 500 Gäste feierten.

„Ein CSD ist dazu da, zu demonstrie­ren und die Forderunge­n der Homosexuel­len sichtbar zu machen“, sagt Wahle, der auch Mitglied der Prinzengar­de ist. „Der Pink Monday hat die wunderbare Funktion, dass einfach nur ausgelasse­n gefeiert werden kann.“Bei der Gelegenhei­t gibt es von ihm großes Lob für die Stadt. „Wir haben es sehr gut hier, Düsseldorf ist weltoffen und tolerant, man darf hier frei leben.“Auch er ist zuversicht­lich mit Blick auf die Kirmes 2022.

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FOTO: SABINE HANNA 350 Mitglieder des St. Sebastianu­s Schützenve­reins versammelt­en sich nahe der Tonhalle.
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RP-FOTO: PFW Die Schützen marschiert­en am Sonntag auch durch die Altstadt in Richtung Lambertus-Kirche.
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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Stephan Schleicher und Anke Schürg haben sich für den Pink Monday im Beachclub verkleidet.
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RP-FOTO: PFW Stephan Keller (l.) und Lothar Inden hissen die Fahne.

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