Rheinische Post Hilden

Die Hexe von Flingern ist unvergesse­n

Angela Spook alias Angelika Tampier starb vor einem Jahr und könnte bald im Stadtteil geehrt werden.

- VON NICOLE KAMPE UND UWE-JENS RUHNAU

FLINGERN-NORD An diesem Dienstag ist der erste Todestag von Angelika Tampier, besser bekannt als Angela Spook, noch besser bekannt als die Hexe von der Kö – außer in Flingern, da war und ist sie natürlich die Hexe von Flingern. Eine besondere und freundlich­e Frau, in deren Pass der Name Angelika Tampier stand. In der Woche fuhr sie fast jeden Tag mit ihrem kleinen Rad von der Ackerstraß­e zur Königsalle­e, wo sie am Kö-Center einer würdevolle­n Hexe Gestalt gab und stumm auf dem schönen Bordstein stand, bestaunt nicht nur von Kindern. Sie starb mit 66 Jahren an einer Krebserkra­nkung. Heute werden nahe Freunde und Familienan­gehörige in Flingern Kerzen im Gedenken an sie anzünden. Und dann sprechen sie auch noch einmal über die Idee, der Hexe ein Denkmal zu setzen.

Alexa Petersson ist eine der beiden Schwestern von Angela Spook, die auch noch einen Bruder hatte. „Wir Geschwiste­r würden uns sehr über eine solche Ehrung freuen“, sagt die Sozialarbe­iterin. Sie wird sich am Dienstag in Köln in den Zug setzen und nach Düsseldorf kommen, die andere Schwester Sabine geht im Sauerland an das Grab. „Der Verlust ist mir erst im Nachhinein richtig bewusst geworden“, sagt Alexa Petersson. Als ihre Schwester vor zwei Jahren schwer erkrankte, habe sie sich in deren letztem Jahr um sie gekümmert. „Sie war ein zurückhalt­ender Mensch“, sagt die Schwester, „es war nicht selbstvers­tändlich, dass sie diese Nähe zugelassen hat.“Sie fehle ihr sehr.

Angela Spook hat in einem Hinterhof an der Ackerstraß­e gelebt, spartanisc­h, das wollte sie so und musste es so wollen, denn viel Geld hatte sie nicht, in den ehemaligen Werkstattr­äumen gab es nicht mal eine Heizung. Nachbarn waren Patrick van den Heuvel und sein Team von der Druckbar. Man kannte sich, es war eine von Sympathie getragene Nachbarsch­aft. Die Räume gehören heute zur Druckbar, van den Heuvel hat eine kleine Gedenktafe­l gestaltet, die an Angela Spook erinnert. Sie hängt links oben neben der hölzernen Eingangstü­r. Das Porträt hatte die Druckbar vor acht Jahren anlässlich von Flingern at Night für einen Jutebeutel angefertig­t, auf dem sich neben der Hexe auch die Linien 706 und 712 und andere Besonderhe­iten aus Flingern befanden.

Bei diesen besonderen Abenden im Stadtteil öffnete auch Angela Spook ihre Tür, ließ die Flaneure in ihr kleines Reich und offerierte Tee. Hier wie an der Kö verkaufte sie Karten, die sie künstleris­ch gestaltet hatte. „Sie hat auch Drehbücher geschriebe­n, Hörkassett­en besprochen und im Tonstudio gearbeitet“, sagt Andreas von Wittler, der in Flingern lebt und Angela Spook sehr nahestand. Er ist es auch, der das alte Fahrrad der Hexe pflegt. Seit ihrem Tod steht es an der Ackerstraß­e neben der Einfahrt in den Hinterhof, regelmäßig werden die Körbe mit frischen Blumen bestückt. „Nicht pflücken“steht auf einem Schild neben den Blumen und tatsächlic­h ist das Rad von Vandalismu­s bislang verschont geblieben. Es wäre wohl auch falsch, sich mit einer Hexe anzulegen, der Besen und der schwarze Vogel fehlen nämlich auch nicht und lassen außergewöh­nliche Kräfte vermuten. Am Dienstag werden Freunde und Familie an diesem Rad stehen und gedenken.

Einige Leute in Flingern wollen die Idee eines Denkmals wieder aufgreifen, sie war vor einem Jahr aufgekomme­n und im Corona-Winter vorübergeh­end eingeschla­fen. Der Hermannpla­tz kommt als Standort infrage, auch die Litfaßsäul­e an der Kreuzung Acker-/Hermannstr­aße. Auf der könnte die Hexe stehen, natürlich weil sie da gelandet ist, und die Menschen beobachten.

Nur wenige Tage, nachdem Angela Spook starb, startete Marina Paciorek eine Petition. Die beiden kannten sich nicht, mit ziemlich großer Wahrschein­lichkeit wusste nur die eine von der Existenz der anderen. Bei Wind und Wetter stand sie da, an der Kö, das imponierte Marina Paciorek. „Es gibt kaum jemanden, der sie nicht kannte“, sagt Paciorek, für die die Hexe eine Institutio­n war, ein Düsseldorf­er Wahrzeiche­n. Schnell kamen einige hundert Unterstütz­er zusammen, „wegen Corona war es aber schwer, das Thema relevant zu halten“, bedauert die Düsseldorf­erin, die an eine Statue an der Kö dachte, die genau dort hätte aufgestell­t werden können, wo Spook jahrzehnte­lang ihren Platz einnahm, auf der schicken Einkaufsst­raße, in ihrem pechschwar­zen Gewand, dem Besen und ihrem Raben aus Stoff, den Kinder immer streicheln durften. Unaufdring­lich und trotzdem einprägsam. „Es war vermutlich ein schlechter Zeitpunkt“, sagt Marina Paciorek, die aber gern anknüpfen würde an ihre Initiative vom vergangene­n Jahr. Gern auch für ein Projekt in Flingern. Die 30-Jährige hofft, dass eine so präsente Frau „in einer männerdomi­nierten Welt nicht vergessen wird“.

Dass es immer noch Menschen gibt, die sich erinnern, freut Uwe

Wagner (SPD) sehr. Der zweite stellvertr­etende Bezirksbür­germeister war einer der ersten, der vom Tod der Hexe erfuhr. Immer mal wieder kommt er am Fahrrad an der Ackerstraß­e vorbei, „das immer so schön mit Blumen bepflanzt ist. Man sieht, dass sich jemand kümmert“, sagt Wagner, der gern eine Initiative unterstütz­en würde, die Angela Spook ein Denkmal setzen will. „Ich bin schon allein deshalb von der Idee überzeugt, weil nach einem Jahr immer noch jemand an die Hexe denkt“, sagt Wagner, der sicher ist, dass auch seine Kollegen in der Bezirksver­tretung 2 behilflich sein werden bei der Finanzieru­ng und auch der Standortsu­che.

Bezirksbür­germeister Patrick Schiffer (Grüne) kann sich gut vorstellen, dass eine Gedenkplat­te an die Hauswand montiert wird, „so wie man es oft zum Gedenken an verdiente Bürgerinne­n und Bürger macht“. Schön wäre in seinen Augen auch eine Straßenben­ennung, „ob nun Angela Spook oder Angelika Tampier“, sagt Schiffer. Immer wieder gebe es im Stadtbezir­k 2 kleine Stichstraß­en, die in Neubaugebi­eten entstehen. „Und es muss nicht mal Flingern sein, die ganze Stadt kannte die Hexe.“

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Die Hexe von Flingern war vielen als die Hexe von der Kö bekannt, weil sie dort fast täglich stand.
 ??  ?? Das Fahrrad der Hexe von Flingern steht an der Ackerstraß­e neben der Einfahrt in den Hinterhof, wo Angela Spook lebte.
Das Fahrrad der Hexe von Flingern steht an der Ackerstraß­e neben der Einfahrt in den Hinterhof, wo Angela Spook lebte.
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FOTOS (4): RUHNAU „Nicht pflücken“steht am Blumenschm­uck des Fahrrades von Angela Spook.
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Sie hat das Kinderbuch „Biggibuggy im Frühlingsw­ald“geschriebe­n und die Titelfigur kreiert.
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Am Eingang zu ihrer früheren Wohnung hängt jetzt eine kleine Gedenktafe­l.

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