Die Hexe von Flingern ist unvergessen
Angela Spook alias Angelika Tampier starb vor einem Jahr und könnte bald im Stadtteil geehrt werden.
FLINGERN-NORD An diesem Dienstag ist der erste Todestag von Angelika Tampier, besser bekannt als Angela Spook, noch besser bekannt als die Hexe von der Kö – außer in Flingern, da war und ist sie natürlich die Hexe von Flingern. Eine besondere und freundliche Frau, in deren Pass der Name Angelika Tampier stand. In der Woche fuhr sie fast jeden Tag mit ihrem kleinen Rad von der Ackerstraße zur Königsallee, wo sie am Kö-Center einer würdevollen Hexe Gestalt gab und stumm auf dem schönen Bordstein stand, bestaunt nicht nur von Kindern. Sie starb mit 66 Jahren an einer Krebserkrankung. Heute werden nahe Freunde und Familienangehörige in Flingern Kerzen im Gedenken an sie anzünden. Und dann sprechen sie auch noch einmal über die Idee, der Hexe ein Denkmal zu setzen.
Alexa Petersson ist eine der beiden Schwestern von Angela Spook, die auch noch einen Bruder hatte. „Wir Geschwister würden uns sehr über eine solche Ehrung freuen“, sagt die Sozialarbeiterin. Sie wird sich am Dienstag in Köln in den Zug setzen und nach Düsseldorf kommen, die andere Schwester Sabine geht im Sauerland an das Grab. „Der Verlust ist mir erst im Nachhinein richtig bewusst geworden“, sagt Alexa Petersson. Als ihre Schwester vor zwei Jahren schwer erkrankte, habe sie sich in deren letztem Jahr um sie gekümmert. „Sie war ein zurückhaltender Mensch“, sagt die Schwester, „es war nicht selbstverständlich, dass sie diese Nähe zugelassen hat.“Sie fehle ihr sehr.
Angela Spook hat in einem Hinterhof an der Ackerstraße gelebt, spartanisch, das wollte sie so und musste es so wollen, denn viel Geld hatte sie nicht, in den ehemaligen Werkstatträumen gab es nicht mal eine Heizung. Nachbarn waren Patrick van den Heuvel und sein Team von der Druckbar. Man kannte sich, es war eine von Sympathie getragene Nachbarschaft. Die Räume gehören heute zur Druckbar, van den Heuvel hat eine kleine Gedenktafel gestaltet, die an Angela Spook erinnert. Sie hängt links oben neben der hölzernen Eingangstür. Das Porträt hatte die Druckbar vor acht Jahren anlässlich von Flingern at Night für einen Jutebeutel angefertigt, auf dem sich neben der Hexe auch die Linien 706 und 712 und andere Besonderheiten aus Flingern befanden.
Bei diesen besonderen Abenden im Stadtteil öffnete auch Angela Spook ihre Tür, ließ die Flaneure in ihr kleines Reich und offerierte Tee. Hier wie an der Kö verkaufte sie Karten, die sie künstlerisch gestaltet hatte. „Sie hat auch Drehbücher geschrieben, Hörkassetten besprochen und im Tonstudio gearbeitet“, sagt Andreas von Wittler, der in Flingern lebt und Angela Spook sehr nahestand. Er ist es auch, der das alte Fahrrad der Hexe pflegt. Seit ihrem Tod steht es an der Ackerstraße neben der Einfahrt in den Hinterhof, regelmäßig werden die Körbe mit frischen Blumen bestückt. „Nicht pflücken“steht auf einem Schild neben den Blumen und tatsächlich ist das Rad von Vandalismus bislang verschont geblieben. Es wäre wohl auch falsch, sich mit einer Hexe anzulegen, der Besen und der schwarze Vogel fehlen nämlich auch nicht und lassen außergewöhnliche Kräfte vermuten. Am Dienstag werden Freunde und Familie an diesem Rad stehen und gedenken.
Einige Leute in Flingern wollen die Idee eines Denkmals wieder aufgreifen, sie war vor einem Jahr aufgekommen und im Corona-Winter vorübergehend eingeschlafen. Der Hermannplatz kommt als Standort infrage, auch die Litfaßsäule an der Kreuzung Acker-/Hermannstraße. Auf der könnte die Hexe stehen, natürlich weil sie da gelandet ist, und die Menschen beobachten.
Nur wenige Tage, nachdem Angela Spook starb, startete Marina Paciorek eine Petition. Die beiden kannten sich nicht, mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit wusste nur die eine von der Existenz der anderen. Bei Wind und Wetter stand sie da, an der Kö, das imponierte Marina Paciorek. „Es gibt kaum jemanden, der sie nicht kannte“, sagt Paciorek, für die die Hexe eine Institution war, ein Düsseldorfer Wahrzeichen. Schnell kamen einige hundert Unterstützer zusammen, „wegen Corona war es aber schwer, das Thema relevant zu halten“, bedauert die Düsseldorferin, die an eine Statue an der Kö dachte, die genau dort hätte aufgestellt werden können, wo Spook jahrzehntelang ihren Platz einnahm, auf der schicken Einkaufsstraße, in ihrem pechschwarzen Gewand, dem Besen und ihrem Raben aus Stoff, den Kinder immer streicheln durften. Unaufdringlich und trotzdem einprägsam. „Es war vermutlich ein schlechter Zeitpunkt“, sagt Marina Paciorek, die aber gern anknüpfen würde an ihre Initiative vom vergangenen Jahr. Gern auch für ein Projekt in Flingern. Die 30-Jährige hofft, dass eine so präsente Frau „in einer männerdominierten Welt nicht vergessen wird“.
Dass es immer noch Menschen gibt, die sich erinnern, freut Uwe
Wagner (SPD) sehr. Der zweite stellvertretende Bezirksbürgermeister war einer der ersten, der vom Tod der Hexe erfuhr. Immer mal wieder kommt er am Fahrrad an der Ackerstraße vorbei, „das immer so schön mit Blumen bepflanzt ist. Man sieht, dass sich jemand kümmert“, sagt Wagner, der gern eine Initiative unterstützen würde, die Angela Spook ein Denkmal setzen will. „Ich bin schon allein deshalb von der Idee überzeugt, weil nach einem Jahr immer noch jemand an die Hexe denkt“, sagt Wagner, der sicher ist, dass auch seine Kollegen in der Bezirksvertretung 2 behilflich sein werden bei der Finanzierung und auch der Standortsuche.
Bezirksbürgermeister Patrick Schiffer (Grüne) kann sich gut vorstellen, dass eine Gedenkplatte an die Hauswand montiert wird, „so wie man es oft zum Gedenken an verdiente Bürgerinnen und Bürger macht“. Schön wäre in seinen Augen auch eine Straßenbenennung, „ob nun Angela Spook oder Angelika Tampier“, sagt Schiffer. Immer wieder gebe es im Stadtbezirk 2 kleine Stichstraßen, die in Neubaugebieten entstehen. „Und es muss nicht mal Flingern sein, die ganze Stadt kannte die Hexe.“